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"Adieu, Nicolas!" Frankreichs Nationalstürmer Nicolas Anelka droht der endgültige Rauswurf aus der "Equipe Tricolore"

© AFP

"Ausmisten" in Frankreich: Nie wieder Anelka

Nach der Blamage bei der Fußball-WM geht in Frankreich das große "Ausmisten" weiter. Sturmstar Nicolas Anelka soll nach seinen Trainerbeschimpfungen endgültig aus der Nationalelf fliegen.

"Weder ich, noch mein Nachfolger noch der künftige Nationaltrainer werden vergessen, was passiert ist", sagte der scheidende Verbandspräsident Jean-Pierre Escalettes nach Medienberichten vom Sonntag. Doch Anelka ist nicht der einzige Profi am Pranger. Lilian Thuram, Weltmeister von 1998, forderte eine lebenslange Sperre von WM-Kapitän Patrice Evra. Anelkas Chelsea-Clubkollege Florent Malouda sagte, er wolle jede Strafe akzeptieren.

Die französische Nationalversammlung gab am Wochenende in Paris den Inhalt einer Anhörung von Escalettes vom vergangenen Mittwoch bekannt. Danach erklärte der Funktionär: "Alle werden dafür sorgen, dass er (Anelka) nie wieder spielen darf." Anelka hatte den inzwischen nach Vertragsende von Laurent Blanc abgelösten Nationaltrainer Raymond Domenech in der Halbzeit des WM-Vorrundenspiels gegen Mexiko (0:2) wüst beschimpft. Daraufhin wurde der 32-jährige Profi suspendiert und nach Hause geschickt.

Der Trainingsboykott, mit dem das Team um FC-Bayern-Star Franck Ribéry auf den WM-Ausschluss von Anelka reagiert hatte, sei "ein Fehler" gewesen, räumte Malouda gegenüber dem Sportblatt "L'Équipe" (Sonntagausgabe) ein. Man habe ein bedauernswertes Bild abgegeben und sich lächerlich gemacht. Der 30 Jahre alte Mittelfeldmann kritisierte aber auch Domenech. Ein Dialog sei mit dem Trainer unmöglich gewesen. Die Schwächen des Spielsystems hätten die "Bleus" zum Debakel, einem "Abstieg zur Hölle" geführt.

Die "Équipe Tricolore" schied als Gruppenletzter nach der WM- Vorrunde aus. Doch vor allem die vielen Skandale abseits des Platzes mit der Trainerbeschimpfung, Cliquenbildung und dem Trainingsstreik sorgten für Empörung. Escalettes erklärte deshalb seinen Rücktritt.

Thuram forderte den "Kopf" von Evra als Hauptverantwortlichen und ging auch mit anderen Spielern sehr hart ins Gericht. Wenn Rekordtorjäger Thierry Henry aus dem Bus ausgestiegen und auf den Platz gegangen wäre, so Thuram am Samstagabend im Interview mit dem TV-Sender "TF1", hätten alle anderen auch den Boykott aufgegeben.

"Und zu (Innenverteidiger Eric) Abidal habe ich gesagt: Wenn ich Verbandsboss wäre, würdest du nie mehr für die Nationalelf spielen, nachdem du dich geweigert hast, das letzt Spiel zu spielen." Mehrere Angehörige des FFF-Bundesrats, des operativ entscheidenden Verbandsgremiums, stimmten unterdessen den Worten Thurams zu. Der Bundesrat will am 23. Juli zusammenkommen, um über mögliche Konsequenzen aus der WM-Blamage zu erörtern. Ex-Nationalstürmer Christophe Dugarry äußerte am Sonntag eine andere Meinung als Thuram.

"Evra hat Mist gebaut, viel Mist. Aber das haben wir alle irgendwann einmal auch", so der Weltmeister von 1998. Die Spieler seien nicht die Hauptschuldigen. Der Mangel an Autorität bei Trainer und Funktionären habe zum Desaster geführt, sagte er.

Mit Spannung erwarten Medien und Fans in der "Grande Nation" unterdessen die für Dienstag angesetzte Präsentation des neuen Nationaltrainers. Der 44-jährige Blanc hat seit WM-Beginn keine Stellungnahme abgegeben. Erste sportliche Herausforderung wird die Qualifikation zur EM 2012 sein. Am 3. September steht das erste Qualifikationsspiel gegen Weißrussland an. Sein Debüt auf der Bank gibt der Weltmeister von 1998 und Ex-Erfolgstrainer von Girondins Bordeaux aber bereits am 11. August im Länderspiel gegen Norwegen. (dpa)

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