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Zwei kommen sich näher. 2008 begann die zarte Romanze zwischen Merkel und Schweinsteiger.

© dpa

Rinkes Love Letters (2): Was Angie schon wieder an Schweini schrieb

Den ersten Brief an Bastian Schweinsteiger schrieb Angela Merkel während der letzten EM. Immer, wenn Deutschland spielt, setzt Merkel-Ghostwriter Moritz Rinke hier die amouröse Briefeserie fort. Heute: Die ist doch auch blond?

Lieber Basti,

erinnerst du dich noch an meinen ersten Brief? Ich saß nach einem langen Tag am Abend auf meiner Couch und sah dich im Fernsehen! Bei der EM! Du trugst sehr blondes Haar und ich war Gott sei Dank ohne meinen Mann auf der Couch. Mir kam sofort unsere Begegnung in Wien in den Sinn, als wir nebeneinander auf der Tribüne saßen, ich hatte Dr. Theo Zwanziger extra neben diesen Hansi Flick setzen lassen, damit DU neben mir sitzt, das hat zwar dem DFB-Boss nicht gefallen, aber ich bin nun mal die Bundeskanzlerin und entscheide, was ich für richtig halte. Du warst mir schon beim Spiel gegen Kroatien aufgefallen, und ich fand es männlich und solide, wie du den einen Kroaten auf das Allerhärteste umgehauen hast, weil sein vorangegangenes Foul in dieser Form nicht zu akzep-tieren war. Und die anschließende Rote Karte hat dich dann zu mir auf die Tribüne geführt, das war Schicksal. Seitdem duzen wir uns.

Ich schreibe dir heute, weil ich dir zum ersten Spiel gegen Australien alles Gute wünschen will. Wie war denn der Flug nach Südafrika? Ich habe dich in einer Zeitung neben dieser blonden Sängerin, dieser Shakira, im Flugzeug gesehen, in der ersten Klasse. Ich dachte, ihr seid nur Business geflogen, diese Sängerin flog aber erste Klasse, bist du da nachts einfach rübergegangen? Bist du noch mit Sarah zusammen, die ist doch auch blond?

Joachim, mein Mann, sitzt gerade wieder in seinem Zimmer und forscht, ich führe eine Ehe, die ist noch bescheuerter als die Koalition mit der FDP. Heute hatte ich wieder den ganzen Tag Opel und Sparpaket, das interessiert Joachim überhaupt nicht. Ich weiß nicht, Basti, ob du in Südafrika mitkriegst, was hier los ist in Deutschland! Da gehen wir den Arbeitslosen und Familien so richtig an den Geldbeutel, wie man das so eben macht als CDU und als FDP, und dann steht plötzlich mein eigener Wirtschaftsrat auf und sagt: „Die Reichen wollen auch einen Beitrag leisten!“ Hat der sie noch alle?? Basti, frag doch mal unter deinen Kollegen nach, ihr seid doch alle Millionäre, ob da einer von euch FREIWILLIG mehr Steuern zahlen will?! Das würde mich ja mal interessieren!

Legst du denn dein Geld gut an? Das ist ja gar nicht mehr so einfach. Ich setze immer mit Zertifikaten auf einen fallenden Euro, klappt ganz gut, freu mich immer, wenn der Dax und der Euro in den Keller gehen. Kauf aber bloß keine Staatsanleihen, auch nicht bei uns, vielleicht sind das bald Schrottpapiere!

Kommen wir zum Spiel, habt ihr eine gute Taktik für heute? Nach allem, was ich höre, hast du dich gut entwickelt und stehst mitten im Leben. Es fiel sogar das Wort „Emotional Leader“, so werde ich ja auch genannt. Wir beide, Basti!

Bist du froh, dass der Ballack endlich weg ist? Bei euch helfen oft die Verletzungen der anderen, um in die richtige Position zu kommen, ich muss in der Politik immer alle selbst vom Feld räumen. Kann ich ja ganz gut. Hast du in Südafrika mitbekommen, wie ich den neuen Bundespräsidenten ausgesucht habe? (Der alte ist plötzlich einfach weg!) Erst habe ich die Ursula von der Leyen glauben lassen, sie wird’s, weil die glaubt auch, die kann alles erreichen, nur weil sie sieben Kinder hat, nee, Wulff wird’s! Da hat die Ursula vielleicht aus der Wäsche geguckt, muss sie vielleicht noch’n achtes Kind machen, lach, nee, Wulff wird’s, Basti, der aus Hannover, der immer als kommender CDU-Kanzler gehandelt wurde, dieses gut angezogene Stück Seife. Ab ins Bellevue und tschüss!

Noch mal zum Spiel: Schieß ein Tor! Schieß es bitte für mich, für Deutschland. Das ist nicht einfach nicht nur ein Spiel, es geht hier momentan auch um’s Emotionale bei uns in Deutschland. Da musst du fit sein, darum geht es auch nicht, dass du nachts durch Flugzeuge steigst, um mit dieser blonden Khedira ... - was weiß denn ich? Ihr habt zerzaust auf dem Foto ausgesehen, aber egal. (Sag mal, ist dieser Hansi Flick homo?? Westerwelle, diese Gurke, hat so was angedeutet in der Spar-Runde, Jogi Löw auch!!?? Oder lügt Westerwelle nur wieder?) Egal. Ich drück die Daumen für Sonntagabend, vielleicht schicke ich dir in der Halbzeit eine SMS!

Moritz Rinke, 42, ist Schriftsteller, Tagesspiegel-Autor und Stürmer der Autoren-Nationalelf. Zuletzt erschien von ihm der Roman „Der Mann, der durch das Jahrhundert fiel“.

© Joscha Jenneßen

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