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WM-Qualifikation - Deutschland-Aserbaidschan

© dpa

WM-Qualifikation: Klose empfiehlt sich für die Bank

Der Nationalstürmer schießt zwei Tore gegen Aserbaidschan – und will bei den Bayern weiter zuschauen.

Berti Vogts hat als Bundestrainer alle Arten von Anfeindungen erlebt, am Mittwoch aber erreichte der Verfall seiner Autorität eine neue Qualität. Vor dem WM- Qualifikationsspiel zwischen Deutschland und Aserbaidschan war Vogts kurz mit Miroslav Klose zusammengetroffen, und bei dieser Gelegenheit teilte er dem Stürmer der Nationalmannschaft mit, wie happy er sei, „dass du nicht spielst“. Zu Vogts’ Leidwesen revidierte Bundestrainer Joachim Löw seine Entscheidung dann aber zur Pause: Klose kam beim Stand von 1:0 aufs Feld, erzielte zwei Tore zum 4:0 – und ließ Aserbaidschans Nationaltrainer Vogts wieder einmal an seinen Sympathiewerten in der Heimat zweifeln: „Das zeigt mir, dass Jogi keinen Respekt mehr vor mir hat.“

Vielleicht hätte Vogts einfach besser zuhören sollen, was Klose bei ihrem Plausch erwidert hatte: „Ich habe ihm kurz und schmerzlos gesagt: Mir reicht auch die zweite Halbzeit.“ In der zweiten Halbzeit gegen Aserbaidschan stieß Klose endgültig in historische Dimensionen vor. Er erzielte seine Tore 46 und 47 für die Nationalmannschaft und belegt nun gemeinsam mit den Weltmeistern Völler und Klinsmann Rang drei in der ewigen Torjägerliste. Vor allem aber hatte Klose in dieser zweiten Halbzeit die dunklen Schatten verjagt. Wieder einmal.

Man kann es positiv sehen: Klose hat noch stets einen Weg aus der Krise gefunden. Die Kehrseite ist: Die Krisen treten bei ihm inzwischen zyklisch auf. Im Jahresrhythmus wird öffentlich über Zustand und Form des Stürmers diskutiert, so wie auch jetzt wieder. Für die Bayern hat Klose seit März kein Tor mehr erzielt, vor zwei Wochen saß er sogar 90 Minuten auf der Bank, und in der Nationalmannschaft stand er nun auch zweimal hintereinander nicht in der Startelf. Das reicht, um eine mittelgroße Hysterie auszulösen.

Klose selbst hingegen wirkte nach dem Spiel gegen Aserbaidschan erstaunlich aufgeräumt. Es hat bei ihm schon ganz andere Krisen gegeben. Da hat er sich geradezu in die Misere hineingefressen: Je mehr sich Klose bemühte, alles richtig zu machen, desto mehr verkrampfte er. „Ich bin leider ein Perfektionist“, sagt er. Diesmal aber ist alles anders: Weil Klose diesmal weiß, woran es liegt.

„Ich brauche meine Fitness, um guten Fußball zu spielen“, sagt er. „Davon bin ich noch weit entfernt.“ Im Frühjahr fehlte Klose zwei Monate wegen einer Verletzung am Sprunggelenk, den Rückstand hat er nach eigener Einschätzung bis heute nicht aufgeholt. Nach seinen beiden Länderspieltoren hat er sogar öffentlich erwogen, lieber zu trainieren, anstatt die Defizite in der Praxis abzuarbeiten. Dass er am Wochenende in Dortmund auf dem Platz stehen wird, glaubt Klose selbst nicht: „Der Trainer hat mich zehn Tage nicht gesehen. Deswegen spiele ich am Samstag wahrscheinlich auch nicht.“

Seine Stellung in der Nationalmannschaft wird davon nicht tangiert. „Ob er in der Bundesliga zwei- oder dreimal nicht trifft, ist für mich unerheblich“, sagte Bundestrainer Joachim Löw. „Für mich ist es selbstverständlich, einen Spieler wie Miroslav Klose zu nominieren.“ Das Gleiche gilt für andere Helden der Vergangenheit, für Lukas Podolski etwa oder Bastian Schweinsteiger, die zuletzt ebenfalls nachweislich schwächelten. Theoretisch hätte der Bundestrainer die Möglichkeit, mit seinen Nominierungen tagesaktuell auf die Form seiner Kandidaten zu reagieren; in Wirklichkeit aber vertraut er einem fest umrissenen Kader, in dem die Fluktuation geringer ausfällt, als die Allgemeinheit sich das manchmal wünscht.

Durch das Spiel gegen Aserbaidschan darf sich Löw bestätigt fühlen. Lukas Podolski, der in der Bundesliga noch ohne Tor ist, steuerte den vierten Treffer bei. Und auch Klose trug in den Tagen bei der Nationalmannschaft keine Selbstzweifel vor sich her. „Man hat Miro gar nicht angemerkt, dass er bei den Bayern Probleme hat“, berichtete Michael Ballack. Im Gegenteil: Der Münchner hinterließ einen sehr ausgeglichenen Eindruck, der sich auch auf dem Platz fortsetzte. „Man hat gesehen, dass er kämpft. Er ist viel gelaufen und weite Wege gegangen“, sagte Mittelfeldspieler Thomas Hitzlsperger. „Damit hat er uns geholfen, aus einer schwierigen Phase rauszukommen.“

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