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Sport: Gerhard Mayer-Vorfelder warnt vor zu viel Kommerz

Trübe Tage waren das damals, im Juli in Mexiko. Die deutsche Nationalmannschaft stolperte beim Konföderationen-Cup in Guadalajara von einer Blamage zur nächsten.

Trübe Tage waren das damals, im Juli in Mexiko. Die deutsche Nationalmannschaft stolperte beim Konföderationen-Cup in Guadalajara von einer Blamage zur nächsten. Gerhard Mayer-Vorfelder hat das nicht weiter interessiert. Während alles um ihn herum stöhnte nach den schwachen Partien gegen Brasilien, Neuseeland und die USA, hat der Vorsitzende des DFB-Ligaausschusses und Präsident des VfB Stuttgart verhandelt, mit führenden Vertretern führender deutscher Vereine. Am Ende stand zwar kein konkretes Ergebnis, aber die berechtigte Hoffnung darauf, dass bald Schluss ist mit dem Glaubensstreit um die Zauberwörter "zentral" und "dezentral".

Es ging also um die Vermarktung der Fernsehrechte, "und da haben wir einen ersten Konsens mit den Vereinen erzielt, die mehr für eine dezentrale Vermarktung waren", sagt Mayer-Vorfelder. Bayern München und Bayer Leverkusen wollten damals die Einzelvermarktung durchsetzten, die Bayern drohten sogar, zum Bundesliga-Auftakt das Fernsehen auszusperren. Mayer-Vorfelder hat sich dagegen gewehrt, vor allem mit dem Gedanken der Solidarität: "Wenn es in unserer Marktwirtschaft nicht eine soziale Komponente gäbe, hätten wir längst einen Bürgerkrieg. Und genauso ist es im Fußball, denn der Reiz der Liga besteht ja darin, dass die anderen Vereine wettbewerbsfähig bleiben. Wir brauchen eine Verteilung, daß es auch dem 15. mal gelingt, den Tabellenführer zu schlagen. Und das hängt ein Stück von den Finanzen ab."

Zum Hintergrund: Der noch für die kommende Saison gültige Vertrag sieht vor, dass Sat 1 neben der zusammengefassten Bundesliga-Berichterstattung fünf Spiele in der gesamten Saison live zeigen darf, dazu der Pay-TV-Sender Premiere an jedem Spieltag jeweils drei Spiele (zwei analog, eins digital). In dieser Saison beträgt das Honorar aus den Verträgen mit Sat 1/ISPR und Premiere/Ufa rund 325 Millionen Mark. Was zukünftig mit einer zentralen Vermarktung durch den DFB zu erzielen sei, wisse Mayer-Vorfelder nicht, nur "dass es sich wie bei der Richterskala verhält: nach oben hin offen". In Italien, Frankreich oder Spanien liegen die Einnahmen aus der Fernsehvermarktung etwa dreimal so hoch. Braucht der deutsche Fußball nicht eine dezentrale TV-Vermarktung, will er konkurrenzfähig bleiben? "Nein", sagt Mayer-Vorfelder, "eine zentrale Vermarktung ist das einzige Mittel, ein Chaos zu verhindern." Viele Vereine hätten bereits Verträge mit Rechteverwertern geschlossen, die für den Fall einer dezentralen Vermarktung die Rechte für die Vereine wahrnehmen. "Aber in dem Augenblick, da die Rechtevertreter mit am Tisch sitzen, kann ich keine Konsenslösung mehr herbeiführen."

In Mexiko sei es nun zu einer Annäherung der Parteien gekommen. "Die Frage zentral oder dezentral wird viel zu sehr in den Vordergrund gerückt", sagt Mayer-Vorfelder. "Es geht vielmehr um ein Ausgleichsmodell, das den Belangen der gesamten Liga gerecht wird. Wir müssen eine Lösung finden, die auf der einen Seite die Leistungen belohnt, auf der anderen Seite aber auch den Grundgedanken der Solidarität innerhalb der Gruppe aufrechterhält." Eine dezentrale Vermarktung würde zu einer "unüberbrückbaren Kluft zwischen arm und reich führen".

Nun steht Mayer-Vorfelder den Segnungen des Kapitals generell nicht allzu kritisch gegenüber. Er gehört der CDU an, vom Länder-Finanzausgleich hält er nicht viel ("Die armen Länder sind nicht reicher, die reichen aber ärmer geworden"). Trotzdem bekennt er sich zur zentralen Vermarktung und führt als positives Beispiel England an. Dort hat die Wettbewerbsbehörde vergeblich versucht, die praktizierte zentrale Vermarktung anzufechten. Eine entsprechende Klage wurde vor zwei Wochen vom zuständigen Gericht mit der Begründung abgewiesen, dass eine zentrale Vermarktung gerade unter dem Aspekt der Solidarität zulässig ist.

Der bestehende Vertrag zwischen der Bundesliga und den Rechteverwertern sieht ein Vorkaufsrecht für die nächsten drei Jahre vor. Diese Option hält Mayer-Vorfelder für anfechtbar: "Es ist zweifelhaft, ob durch die Veräußerung von Premiere an die Kirch-Gruppe auch die Rechte übergegangen sind. Zudem steht im Vertrag, dass wir etwas veräußern können, aber nicht müssen. Wenn man über die preislichen Vorstellungen nicht übereinkommt, dann werden wir auf den Pay-TV-Bereich verzichten."

Unerlässlich bleibt für den Liga-Boss eine zusammengefasste Berichterstattung über alle Bundesligaspiele bei einem Sender. "Alles andere halte ich für variabel, ob mehr Spiele im Free-TV oder im Pay-TV." Fußball dürfe nicht total kommerzialisiert werden. "Wenn Manchester-Kapitalismus Eingang finden würde in eine Sportart, die nur in der Gruppe ausgeführt werden kann, dann habe ich damit Probleme." Nicht von ungefähr nennt sich "MV" das "Bollwerk gegen die kapitalistischen Explosionen im Fußball".

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