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Im Finale kam immerhin ein Schiedsrichter aus Deutschland, der Berliner Marcel Eckardt (rechts), zum Einsatz.

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German Masters im Snooker in Berlin: Fehlt nur noch ein deutscher Spitzenspieler

Das German Masters in Berlin belegt die Beliebtheit von Snooker – doch nur der Schiedsrichter vertritt im Finale die deutschen Farben.

Ein Deutscher hatte es dann doch ins Finale des German Masters der Snookerprofis geschafft. Marcel Eckardt leitete am Sonntag das Duell zwischen Mark Selby und Shaun Murphy im Tempodrom und stand damit als erster Schiedsrichter aus Deutschland im Endspiel eines Weltranglistenturniers. „Das war schon etwas Besonderes. Nach dem Einlaufen hatte ich Gänsehaut“, sagte der in Berlin lebende Eckardt. Die Aufregung des 25-Jährigen wich beim 9:7-Sieg von Weltmeister Selby gegen dessen englischen Landsmann Murphy dann aber professioneller Routine.

Dabei stand Eckardt unter besonderer Beobachtung, denn diesmal kam sogar der Chef persönlich. Zum ersten Mal besuchte Barry Hearn das German Masters. „Alle schwärmen immer von der großartigen Arena. Das muss ich mir endlich selbst einmal ansehen“, hatte der Weltverbandschef vor der Veranstaltung gesagt. Was er zu sehen bekam, dürfte ihm gefallen haben. Die rund 2500 Fans im nahezu ausverkauften Tempodrom beklatschten jeden gelungenen Stoß euphorisch und begleiteten weniger glückliche Aktionen mit lautem „Ah“ und „Oh“. „Das ist schon erstaunlich, wie die Fans hier mitgehen“, sagte Finalverlierer Shaun Murphy hinterher.

Deutschland ist immer noch weit entfernt davon, einen Spitzenspieler im Snooker herauszubringen

Erstaunlich ist es vor allem deshalb, weil Deutschland mit Eckardt nun zwar einen Topschiedsrichter hat, aber immer noch weit davon entfernt ist, einen Topspieler hervorzubringen. Murphy macht diesbezüglich Hoffnung: „Snooker war auch in Großbritannien schon populär, ehe es wirkliche Stars gegeben hat. Ich denke, dass der Sport in fünf oder zehn Jahren ganz anders aussehen wird.“ Auf den britischen Inseln ist Snooker allerdings Volkssport, es gibt sechs Millionen Spieler. In Deutschland sind es gerade mal 4000 Aktive, die in Vereinen spielen. Und der Weg in die Weltspitze ist nicht nur schwer, sondern vor allem teuer.

Lukas Kleckers will ihn dennoch wagen. Der 18-Jährige aus Essen ist aktueller Deutscher Meister im Snooker und hofft auf den großen Durchbruch. Dafür arbeitet er derzeit intensiv an seinem Spiel, die meiste Zeit über in der Snooker Academy von Sheffield. Doch das kostet Geld, das Kleckers nicht hat. Via Crowdfunding versucht er, seinen Sport zu finanzieren. Inzwischen ist der Fernsehsender Eurosport, der hierzulande Snooker überträgt, aufmerksam geworden und unterstützt ihn. „Das hilft mir natürlich, denn so kann ich mich ganz auf mein Spiel konzentrieren“, sagt Kleckers. Sein Ziel ist es, zur Saison 2016/2017 den Sprung auf die Profi-Tour zu schaffen. „Ich investiere jetzt alles in den Sport und will es voll versuchen.“ 20 000 Euro braucht er für ein Jahr Snookerausbildung, dank der Unterstützung der Spender ist er auf einem guten Weg, das Geld zusammenzubekommen.

Lukas Kleckers aus Essen hofft auf den großen Durchbruch

Sollte Kleckers es tatsächlich auf die Tour schaffen und dort auch Spitzenresultate abliefern, könnte Barry Hearn endgültig triumphieren. Er hat Snooker in Asien populär gemacht, nun ist Kontinentaleuropa mit dem Schwerpunkt Deutschland an der Reihe. Und da hat Hearn schon weitere konkrete Ideen: „Wir wollen im zweiten Halbjahr 2016 ein weiteres Weltranglistenturnier in Deutschland austragen.“ Für Mark Selby wäre das nur logisch: „Die ganze Entwicklung in Deutschland ist positiv. Nicht nur hier in Berlin, auch bei kleineren Turnieren ist die Begeisterung riesengroß“, sagte der Sieger des German Masters. Wer will, kann dies als nett gemeinte Floskeln abtun. Und tatsächlich ist es ein Unterschied, ob ein deutscher Schiedsrichter im Finale eines wichtigen Turniers steht oder ein deutscher Spieler. Das Gute daran ist: Bis es vielleicht irgendwann einmal so weit kommt, funktioniert Snooker in Deutschland auch ohne nationalen Star. Das German Masters in Berlin war dafür wieder das beste Beispiel.

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