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Sport: German Open: Überraschung auf dem Nebenplatz

Es gibt Tennisspieler, bei denen fällt einem gleich die dazugehörige Stadt ein: Anke Huber - Karlsdorf. Steffi Graf - Brühl.

Es gibt Tennisspieler, bei denen fällt einem gleich die dazugehörige Stadt ein: Anke Huber - Karlsdorf. Steffi Graf - Brühl. Und natürlich Borisbeckerleimen. Bei Miriam Schnitzer fällt einem keine Stadt ein. Als Eberhard Wensky am Tag der Auslosung gefragt wurde, woher Miriam Schnitzer komme, musste er passen. "Ich glaube, aus Bayern", sagte der Direktor der German Open.

Miriam Schnitzer wurde in Freiburg geboren, vor etwas mehr als 24 Jahren, und die Womens Tennis Association (WTA) gibt Ingolstadt als ihren aktuellen Wohnort an. Im November vergangenen Jahres hat Miriam Schnitzer die Deutschen Hallenmeisterschaften gewonnen. In der Öffentlichkeit spielt das Turnier nur eine Nebenrolle. Miriam Schnitzer wird das egal sein. Deutsche Hallenmeisterin hört sich zum einen ganz nett an, zum anderen hat ihr dieser Titel eine automatische Startberechtigung für die German Open eingebracht. Und das dazugehörige Preisgeld von wenigstens 2950 Dollar für Runde eins. Das ist nicht schlecht für eine Spielerin, deren Weltranglistenposition (Nummer 182) nicht einmal für einen Platz in der Qualifikation genügt hätte.

Miriam Schnitzer musste gestern in ihrem Erstrundenmatch gegen die Italienerin Francesca Schiavone antreten. Die Weltrangliste weist sie 106 Plätze besser aus als die Deutsche Hallenmeisterin, und trotzdem siegte am Ende Miriam Schnitzer mit 7:5, 6:1 - eine kleine Überraschung.

Matches wie das der Nummer 76 gegen die Nummer 182 finden bei den German Open auf einem Nebenplatz statt. Es gibt nur eine Stuhlreihe am Rande des Courts, die meisten Plätze blieben bei Schnitzers Auftritt trotzdem leer. Nebenan spielte Chanda Rubin, das ist ein bekannter Name, ein vertrautes Gesicht. Miriam Schnitzer hingegen? "Da spielt eine Deutsche", sagte ein Zuschauer beim Blick auf die Anzeigetafel. "Schnitzer. Noch nie gehört."

Miriam Schnitzer ist nicht die Hoffnung des deutschen Damentennis. Sie ist 24, mithin schon fast zu alt für die große Karriere. Ihre beste Platzierung auf der Weltrangliste erreichte sie im Juli 1999, da war sie die hundertneuntbeste Spielerin der Damentenniswelt. Bei den US Open stand sie einmal in der zweiten Runde. Weiter hat sie es bei einem Grand-Slam-Turnier nie gebracht. In Wimbledon hat sie immerhin zweimal die Qualifikation überstanden.

Miriam Schnitzer braucht die harten, schnellen Beläge für ihr kraftvolles Spiel. Das spricht nicht unbedingt dafür, dass sie auf der Anlage des LTTC Rot-Weiß noch allzu viel Aufsehen erregen wird. Schon im Match gegen Schiavone wurde deutlich, wo ihre Defizite liegen. Sie besitzt nur bedingt die Fähigkeit, ihr Spiel zu variieren, das Tempo zu ändern, auf die Finten ihrer Gegnerin adäquat zu reagieren: Immer feste druff, lautete ihre Devise. Als Schiavone den ersten Satz zu verlieren drohte, löffelte die Italienerin die Bälle nur noch lang und hoch übers Netz; Schnitzer jedoch spielte weiter wie bisher, machte Fehler, die sie vorher nicht gemacht hatte, ärgerte sich, machte noch mehr Fehler. "Die spielt nur hoch", schrie sie. "Die kann nichts anderes." Vielleicht wollte sie sich aufmuntern. Es hörte sich eher frustriert an.

Miriam Schnitzer sagt von sich, dass sie "freundlich, lustig und glücklich" sei. Der Einzug in die zweite Runde wird daran nichts geändert haben. Durch den Erfolg gegen Schiavone hat Miriam Schnitzer ihren Wochenverdienst auf 5800 Dollar fast verdoppelt. Unter normalen Umständen wird es dabei bleiben. Schnitzers nächste Gegnerin heißt Nathalie Tauziat. Sie ist in Berlin an Nummer sieben gesetzt.

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