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Schneller Mann, stehend. Der viermalige Olympiasieger

© dpa

Geschäfte mit der Olympischen Fackel: Stanniolpapierflammen für 11 000 Pfund

Die olympische Flamme nähert sich London und beschert manchem bisherigen Fackelträger beim Internetauktionshaus Ebay einen Geldsegen.

Am Donnerstag war sie in Maidstone in Kent, am Freitag in der Nähe von London, am Samstag plötzlich im Norden von England, dann geht es noch einmal rund um London. Die Olympische Fackel nähert sich dem Olympiastadion – und es ist nicht nur geografisch ein Zickzackkurs.

Denkt man zurück an den feierlichen Ritus, mit dem griechische Priesterinnen in Faltenröckchen im Mai den olympischen Funken zum Glimmen brachten, ist der Fackellauf durch Großbritannien das genaue Gegenteil: Auch dramaturgisch ein Zickzacklauf zwischen quasireligiösem Ritual und Farce, Volksfest und Feierstunde. Auf der Website der Olympischen Spiele in London steht zu jedem der 8 000 ausgewählten Fackelträger die persönliche Geschichte. Zu fast jedem. Doch die etwa 500 Auserwählten, die nur aufgrund von Geschäftsinteressen des Sponsors Samsung dabei sein dürfen, sollen in diesem Text keine tragende Rolle spielen.

Dagegen aber die 100-jährige Diana Gould, die in London die älteste Trägerin sein wird. Oder Alec Martin. Der Lebenslauf des krebskranken 14-Jährigen, der bei Canterbury die Fackel trug, liest sich wie eine Serie von Diagnosen schwerer Krankheiten: Dyspraxia, Asperger, MPNST – ein seltener Krebs im Bein. Und trotzdem sammelte der junge Pfadfinder 2 250 Pfund für eine Wohltätigkeitsorganisation, die sich um kranke Kinder kümmert.

Die Olympische Fackel hat sich ihren Weg bereits durch Fabriken und Museen gebahnt, wurde an Kathedralen und Universitäten vorbeigetragen, von Schulkindern und Großmüttern, Athleten und Künstlern, Rollstuhlfahrern und Sprintern, Popstars und Unbekannten. Und überall standen die Menschen und ließen den Konvoi an sich vorüberziehen. Zu allererst kamen die Fahrzeuge der Sponsoren mit ihren Reklametafeln, dann die Fernsehsender – und mitten drin der Fackelträger mit der goldenen, 1,5 Kilo leichten Aluminiumfackel, für die Edward Barber und Jay Osgerby einen Designpreis bekamen.

Und wer wird sie nun am 27. Juli ins Olympiastadion tragen dürfen und das Feuer entzünden? Die Debatte darüber ist heftig entbrannt. Vielleicht hat die zuständige Kommission, zu der auch der „Regisseur“ der Eröffnungsfeier, Danny Boyle, gehört, längst entschieden. Aber in den Zeitungen und auf Websites wird immer noch heftig spekuliert. Bei den Lesern der „Daily Mail“ führte zuletzt Ruderveteran Steve Redgrave, der von 1984 bis 2000 fünf Mal hintereinander olympisches Gold gewann, vor Zehnkampf-Gewinner Daley Thompson, David Beckham und – der Queen. Beckham allerdings müsste eine neue Fackel bekommen. Denn die alte, die er im Mai bei der Ankunft der Flamme aus einem Luftwaffenstützpunkt in Cornwall zur ersten Etappe des Rundlaufs auf den britischen Inseln trug, wurde nun für 13 050 Pfund versteigert.

Es ist der Spitzenpreis unter den dutzenden Fackeln, die bisher vom offiziellen Olympia Memorabilien Händler Innovative Sports Ltd. auf der offiziellen Website des Organisationskomitees (memorabilia.london2012.com) versteigert werden. Dort gibt es etwa 100 Fackeln mit dem Autogramm berühmter Fackelträger zu erstehen, die von den Trägern zurückgegeben wurden. Die Einnahmen fließen in die Olympia-Kasse. Jeder Fackelträger hat aber auch das Recht, seine Fackel für 235 Pfund zu kaufen – und das hat einen schwungvollen Fackelhandel auf Ebay ausgelöst. „Sofortkauf“-Preise von 200 000 Pfund wurden gesichtet, nachdem eine der ersten Fackeln bei Ebay für 150 000 Pfund versteigert wurde. Es war die Fackel der 19-jährigen Sophia Cowburn, eine der ersten Trägerinnen. „Ein wunderbares Sport-Souvenir“, warb sie auf der Auktions-Website.

Der Durchschnittspreis für solche Souvenirs beträgt laut dem Ebay-Preisvergleicher Terapeak mittlerweile 6 220 Pfund. Doch Obacht, angeboten werden neben den offiziellen Aluminiumfackeln nun auch jede Menge selbst gebastelte Pappfackeln: Die Fackel ist zu einem Synonym für Wohltätigkeit geworden. Den Vogel schoss hierbei Logan McKerrow aus Chard in Somerset ab: Seine mit grellen Stanniolpapierflammen beklebte Papierfackel brachte 11 000 Pfund – Spendenhilfe für stumme Kinder.

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