zum Hauptinhalt
Reformer a. D. Hans-Joachim Eckert (links) und Cornel Borbely waren nicht zur Wiederwahl als Vorsitzende nominiert worden.

©  Jack Guez/AFP

Kurz vor Kongress in Bahrain: Geschasste Ethikhüter kritisieren die Fifa

Beim Fifa-Kongress in Bahrain gibt es Ärger um die Absetzung der Vorsitzenden der Ethikkommission. Die fürchten, dass der Reformprozess im Weltverband um Jahre zurückgeworfen werden könnte.

Von Johannes Nedo

Eigentlich hatten sich Hans-Joachim Eckert und Cornel Borbely in einem Punkt immer zurückgehalten: mit öffentlichen Äußerungen. In ihrer Funktion als Chefermittler der Fifa-Ethikkommission folgten sie immer dem Credo: Nichts herausposaunen – stattdessen im Hintergrund ermitteln. Und damit waren sie ja auch sehr erfolgreich auf der Jagd nach korrupten Funktionären.

Doch die Geschehnisse des Dienstagabends in Bahrains Hauptstadt Manama veranlassten sie am Mittwoch sogar dazu, kurzfristig eine Pressekonferenz einzuberufen. Und die beiden Männer, die sonst die Öffentlichkeit so gut es ging mieden, wählten dabei deutliche Worte. „Das wirft die Reformen um Jahre zurück, die Fifa wird deswegen leiden“, sagte Borbely. Was war geschehen, das die Fifa laut Borbely so erschüttert?

Der Schweizer Jurist und der deutsche Richter Hans-Joachim Eckert waren am Abend zuvor vom Fifa-Rat nicht wieder zur Wiederwahl für den Vorsitz der Ethikkommission vorgeschlagen worden. Damit können sie vom Kongress am Donnerstag nicht gewählt werden, obwohl sie ihre Arbeit fortsetzen wollen. Als neue Chefermittlerin soll nun die Kolumbianerin Maria Claudia Rojas fungieren, und die rechtsprechende Kammer soll der frühere Präsident des Europäischen Gerichtshofs, der Grieche Vassilios Skouris, leiten. Beide sind ebenfalls erfahrene Juristen, an ihren Fähigkeiten zweifeln auch Eckert und Borbely nicht. Allerdings sagte Eckert: „Ich bin nicht sicher, wie lange es dauern wird, bis jemand anders mit diesen Fällen umgehen wird.“

Borbely betonte: „Es gibt keine Phase des Übergangs. Mehrere hundert Fälle sind noch offen. Wir haben viele laufende Untersuchungen.“ Für ihn steht fest: „Die erfahrensten Verfolger und Richter sind weg.“ Bis auf zwei Mitglieder der beiden Ethikkammern wurde das Personal komplett ausgetauscht. „Wir haben viel Know-how aufgebaut, wie man diese Fälle verfolgen muss“, sagte Borbely."

"Absetzung war politisch motiviert"

All die Kritik verleitete die Fifa am Mittwochabend noch dazu, die Entscheidung zu rechtfertigen. In einer Mitteilung verteidigte der Weltverband die Absetzung und betonte, dass es ein einstimmiger Beschluss des Rats gewesen sei. Fifa-Präsident Gianni Infantino hatte die Neuaufstellung mit Beschwerden über zu europäisch dominierte Kommissionen begründet – allerdings ist ja nun auch ein Grieche neu in der Ethikkommission.

Und so folgerte auch Borbely: „Die Absetzung war unnötig und deswegen ausschließlich politisch motiviert.“ Seit 2015 habe die Untersuchungskammer laut eigenen Angaben 194 Voruntersuchungen durchgeführt. Die rechtsprechende Kammer verurteilte daraufhin mehr als 70 Funktionäre.

Eckert sieht durch die Personalentscheidungen nun auch offene Fragen für die strafrechtlichen Verfolgungen in der Schweiz und den USA im Korruptionsskandal rund um den Weltverband. Im laufenden US-Verfahren gilt die Fifa bislang als Opfer und kann nach amerikanischem Recht von Verurteilten Entschädigung verlangen. Die US-Behörden hatten aber stets durchblicken lassen, dass die Reformbestrebungen der Fifa für sie ein wichtiger Bestandteil in der Bewertung der vergangenen Korruptionsskandale sind. Wenn die amerikanischen Ermittler die Absetzung von Eckert und Borbely als Rückschritt einordnen, könnten sie also den Opfer-Status der Fifa aufheben.

Deshalb rückt mal wieder Infantino in den Fokus. Er baut den Weltverband nach seinen Vorstellungen um – und gaukelt dabei vor, nun sei wieder business as usual angesagt. So versuchte er es auch mit den Entscheidungen des Rats. Den schwerwiegenden Vorschlag bezüglich der Ethikkommission wollte er mit seichten Nachrichten übertünchen: Etwa, dass in Zukunft die Gala zur Weltfußballer-Wahl in London statt in Zürich stattfinden soll. Doch zumindest dieser Plan ging nicht auf – dank der sonst so schweigsamen Borbely und Eckert, die nun nach vorne preschten. (mit dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false