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Sport: Gesegneter Niedergang

Daniel Pontzen über den gutgläubigen FC Barcelona Es wäre schon ein Akt grober Rücksichtslosigkeit, einfach abzusteigen. Seit der FC Barcelona auf seiner Mitgliedsliste unter Numero 108 000 Johannes Paul II.

Daniel Pontzen über den

gutgläubigen FC Barcelona

Es wäre schon ein Akt grober Rücksichtslosigkeit, einfach abzusteigen. Seit der FC Barcelona auf seiner Mitgliedsliste unter Numero 108 000 Johannes Paul II. führt, unterliegen die Katalanen erhöhter Sorgfaltspflicht beim Vermeiden dramatischer Misserfolge. Auch wenn der Papst sein Fansein bislang eher zurückhaltend ausgelebt hat, wollte Barça dem gottnahen Getreuen herbe Enttäuschungen ersparen. Wer weiß schon, ob der Sportsfreund sich noch mit dem tristen Alltag der Segunda Division vertraut machen will, oder ob ihn der Niedergang Barças überfordert, körperlich und moralisch.

Dass die Katalanen trotz Trainerwechsels die eigene Vernichtung vorantreiben – zwei Punkte trennen sie noch von einem Abstiegsplatz –, mag als neuerliches Zeichen verstanden werden, dass die Blauroten die Beziehung mit der Kirche nicht allzu ernst nehmen. Nur nach großen Triumphen muten sich die Fußballer einen Gang in die Kathedrale zu, und glauben, sie hätten die göttliche Hilfe dann per Fünfjahresvertrag an sich gebunden. Nun, bislang ist es gut gegangen. Ob es nun einen Fußballgott gibt oder der Herr die Abteilung höchstselbst verwaltet, irgendjemand hat in der Vergangenheit großzügig Schutzengel herabgesendet Richtung Camp Nou. 1934 etwa, Barça war schon abgestiegen, rettete eine LigaAufstockung den Klassenerhalt. Kurz darauf, die Spieler waren im Bürgerkrieg ins mexikanische Exil entflohen, stand der Klub vor dem Aus – kein Jahrzehnt später war Barça wieder Meister. 1981 schließlich wurde Stürmer Quini entführt, 1982 gewann Barça den Europapokal, Quini schoss das Siegestor. Also: Man könnte sich beruhigt zurücklehnen in Katalonien, irgendwie ist immer alles gut geworden.

Jedoch, es birgt unabschätzbare Gefahren, dem himmlischen Beistand blind zu vertrauen. Mühsam hat der scheidende Präsident Juan Gaspart sich die Gewissheit erarbeitet, dass Geld keine Tore schießt. Aber: Gott schießt sie auch nicht. Das Schicksal ist launenhaft, und wer weiß, ob er am 22. Juni, dem letzten Spieltag, nicht Besseres zu tun hat als den FC Barcelona. Der Papst hat sich für den Ernstfall ohnehin schon anderweitig orientiert. Vergangenen Herbst hat er sich als Mitglied bei Barças Erzfeind Real Madrid eintragen lassen. Sicher ist sicher.

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