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Sport: Geteilter Thron

Der Weltranglistenerste Rafael Nadal verliert das WM-Finale gegen die Nummer zwei Novak Djokovic.

London - Ein echtes Feuerwerk brannte im Millennium Dome erst ab, als Novak Djokovic den silbernen Henkelpott in die Höhe reckte und dabei im glänzenden Flittergewimmel fast verschwand. In den anderthalb Stunden zuvor hatte es jedoch wenig spektakuläre Zündkraft und sprühende Inspiration auf dem Platz gegeben. Viel zu einseitig war der 6:3, 6:4-Sieg des Serben über den müden Rafael Nadal gewesen. Dabei hatte das Duell zwischen der Nummer eins und zwei doch eigentlich einen echten Tennis-Leckerbissen zum Abschluss einer spektakulären Saison versprochen. Was aber blieb, war ein leicht fader Ausklang, der so dem Machtgefüge an der Spitze auch keine klare Note geben wollte. Djokovic verteidigte zwar seinen Titel als inoffizieller Weltmeister und das mit seinem 22. Sieg in Folge, doch war es Nadal, der diese Saison so eindrucksvoll dominierte. Wer also ist nun der Beste?

„Zwischen uns wechselt das immer hin und her“, sagte Djokovic, „wir treiben uns gegenseitig ans Limit und bringen uns dazu, noch härter an uns zu arbeiten und noch bessere Spieler zu werden.“ Es war ihr 39. Duell auf der Tour gewesen, häufiger trafen noch nie zwei Kontrahenten aufeinander. Ivan Lendl und John McEnroe brachten es ihrerzeit auf 36 Begegnungen, Nadal und Roger Federer bisher auf 32. Zweifellos ist es zwischen Djokovic und Nadal der neue, große Zweikampf um die Vorherrschaft. „Wir haben bei jedem wichtigen Turnier gegeneinander gespielt“, sagte Nadal, „das macht es zu einem ganz besonderen Moment der Tennisgeschichte.“

Es hätte auch am Montagabend im Londoner Osten einer dieser Momente werden können. Beide waren ungeschlagen ins Endspiel eingezogen, und gerade Nadal schien sich nach dem Halbfinalsieg über Federer mit dem sonst ungeliebten Hallenbodenbelag angefreundet zu haben. Doch schnell wurde klar, dass dem mallorquinischen Kraftpaket auf der Zielgeraden die Puste ausging. Oft einen Tick zu langsam, etwas zu passiv und mit einer zu schwachen Aufschlagquote konnte Nadal gegen den gut aufgelegten Djokovic nichts ausrichten. Der Serbe verteidigte so zäh wie eh und je und machte jede noch so kleine Chance Nadals sofort wieder zunichte. Im ersten Satz lief der Spanier dem 0:3-Rückstand hinterher, im zweiten brach ihm das frühe Break endgültig das Genick. Die Luft war raus. „Ich bin sehr stolz, wie ich nach den bitteren Niederlagen in diesem Jahr zurückgekommen bin“, erklärte Djokovic – die meisten hatte er davon gegen Nadal kassiert. Die verlorenen Endspiele in Roland Garros und bei den US Open trafen ihn dabei besonders hart.

Aber Nadal war bei seinem Comeback nach siebenmonatiger Verletzungspause einfach nicht aufzuhalten. Zehn Titel holte sich der 27-Jährige in 17 Turnieren, davon zwei Grand-Slam- und fünf Masters-Trophäen, und stand 14 Mal im Finale. Und dazu schubste er Djokovic, der sechs Titel inklusive der Australian Open gewann, noch vom Thron der Weltrangliste – mehr geht kaum. „Ganz ehrlich“, sagte Nadal, „es hätte meine Karriere sicher nicht verändert, ob ich das Match heute gewonnen oder verloren hätte.“

Bereits gestern flog Nadal weiter nach Necker Island, wo ein jährliches Wohltätigkeitsturnier mit Profis und Amateuren ansteht. Danach reist Nadal weiter zu einigen Schaukämpfen nach Chile und Argentinien, wo er erneut auf Djokovic treffen wird, der direkt vom Davis-Cup-Finale nach Südamerika hetzt. Eine ideale Saisonvorbereitung sieht anders aus. „Ich weiß, dass ich bei den ersten Turnieren nicht völlig fit sein werde“, kündigte Nadal schon jetzt an und auch Djokovic sagte: „Ich habe es verdient, jetzt ein bisschen Spaß zu haben.“ Offenbar legen es die beiden Besten darauf an, der Konkurrenz das Leben zu erleichtern. Petra Philippsen

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