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Sport: Geturnter Aufschwung

Mit Hambüchen und Boy gut gerüstet für die nächsten Weltmeisterschaften

Stuttgart - In der Stuttgarter Porsche-Arena herrschte lange Zeit eine fast andächtige Stille. 1500 Menschen verloren sich auf den Rängen, während unten an den Geräten die besten deutschen Turner ihren Mehrkampfmeister ermittelten. Wie der alte und neue Mehrkampfmeister Fabian Hambüchen (Wetzlar) am letzten Gerät den Ansturm von Philipp Boy (Cottbus) abwehrte, löste dann aber beim Publikum helle Begeisterung aus. Der deutsche Männer-Cheftrainer Andreas Hirsch formulierte hinterher die Ziele für die nahe Zukunft. Er sieht in der Turnweltmeisterschaft, die im September 2007 in Stuttgart stattfindet, „eine Riesenchance“. Hirsch: „Wir wollen wieder Fuß fassen und Medaillen holen.“

Die erste Chance dafür bietet die WM im Oktober in Aarhus/Dänemark, für die Hirsch gestern fünf Turner nominierte. Neben den jungen Hambüchen und Boy sollen Thomas Andergassen (Stuttgart), Robert Juckel (Cottbus), Eugen Spiridonov (Bous) und ein sechster noch unbenannter Turner dafür sorgen, das Hirschs neuer Optimismus auch in Ergebnisse umgesetzt wird. Das Mannschaftsfinale der besten acht Riegen soll es sein in Aarhus, vielleicht schon eine Medaille, nämlich von Fabian Hambüchen am Reck. Hirsch befindet sich in der angenehmen Situation, dass er seine Riege radikal verjüngen kann. Mit Hambüchen und Boy machten ein 18- und ein 19-Jähriger den Mehrkampftitel unter sich aus, in Marcel Nguyen (Unterhaching) werden einem weiteren 18-Jährigen die besten Chancen auf ein WM-Ticket eingeräumt. „Unsere jungen Leute machen den älteren Dampf“, sagt Hirsch, „das ist für Einzelne vielleicht unangenehm, aber für mich als Trainer eine tolle Sache.“ Dass seine Sportart einen Aufschwung erleben wird, machte der Cheftrainer am Mehrkampf-Finale fest. „Es hat sich gezeigt, dass das Turnen tolle Wettkampfsituationen hervorrufen kann. Und dass selbst ein Hambüchen zu kippen ist, tut uns doch nur gut.“

Am Ende setzte sich Hambüchen aber doch durch. Weil er bereits am Pauschenpferd gepatzt hatte, musste er den Führenden vier Geräte lang hinterherturnen. Vor dem finalen Reckdurchgang lag er neun Zehntelpunkte hinter Boy. Dann passierte dem Cottbuser bei der Katchev-Grätsche ein unfreiwilliger Abflug. Ex-Europameister Hambüchen aber behielt an seinem Spezialgerät die Nerven und kam als letzter Turner des Abends doch noch aufs oberste Treppchen. Boy musste sogar noch Eugen Spiridonov auf Platz zwei vorbeiziehen lassen.

„Ich wollte es besonders schön und für Fabian besonders schwer machen“, sagte Philipp Boy, „so habe ich es ihm besonders leicht gemacht.“ Fabian Hambüchen sagte selbstsicher: „Ich hätte es ihm auch gegönnt, wenn er durchgeturnt hätte – dann hätte ich eben meine Übung noch ein bisschen aufstocken müssen.“ So kam er ohne einen vierten spektakulären Flugteil aus und verteidigte trotzdem seinen Mehrkampftitel.

Jürgen Roos

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