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In Bedrängnis. Fifa-Präsident Gianni Infantino (r.) kickte Ende März bei einem Bolivien-Besuch noch freundschaftlich mit. Nun sind in den „Panama Papers“ Enthüllungen aufgetaucht, dass er zu Uefa-Zeiten fragwürdige Fernsehdeals unterzeichnet haben soll.

© AFP/Raldes

Update

Gianni Infantino und die "Panama Papers": Schmerzhafter Einstieg

Die Schweizer Polizei durchsucht die Uefa-Zentrale in Nyon nach Verträgen, die Fifa-Chef Gianni Infantino einst unterzeichnet hatte.

Immerhin, diesmal rückten die Ermittler nicht bei der Fifa an, sondern bei der Uefa. Die Schweizer Bundespolizei durchsuchte am Mittwoch erstmals die Zentrale des europäischen Verbandes in Nyon. Das ist eine Premiere, nachdem die Beamten im zurückliegenden Jahr bereits mehrmals beim Weltverband in Zürich vorstellig geworden waren. Von der Uefa verlangten sie nun Einsicht in fragwürdige Verträge mit der Briefkastenfirma Cross Trading. Die Bundesanwaltschaft in Bern teilte mit, sie ermittele mit Verdacht auf Veruntreuung, „in Zusammenhang mit dem Erwerb von TV-Übertragungsrechten gegen unbekannte Täterschaft“. Also nicht explizit gegen Gianni Infantino.

Der neue Weltverbandspräsident kennt das Gefühl einer Hausdurchsuchung noch nicht, er ist gerade erst von der Uefa zur Fifa umgezogen. Dennoch dürfte dem Schweizer mulmig zumute sein, denn die Verträge, um die es geht, hatte er seinerzeit bei der Uefa mit unterzeichnet. Das war tags zuvor in den „Panama Papers“ enthüllt worden. Uefa und Fifa hatten das als Angriffe einzelner Medien gegeißelt. Nun ist daraus ein staatliches Verfahren geworden, in erster Linie gegen die Uefa. Doch dass sein Name genannt wird, nach nicht einmal 40 Tagen im Amt, passt Infantino gar nicht. Will der Schweizer doch für einen neuen, sauberen Fußball stehen. Nun könnte er tiefer in die Affäre gezogen werden, dabei hatte er sich zuvor noch empört und bemüht, sich davon zu distanzieren.

Die Fifa-Mannschaft war am Mittwoch zunächst in die Gegenoffensive gegangen. Mit Drei Botschaften: Infantino habe die fraglichen Verträge 2006 und 2007 gar nicht ausgehandelt, sondern die Uefa-Agentur TEAM, der damalige Uefa-Rechtsdirektor Infantino habe nur mit unterschrieben. Der Vertragspartner Cross Trading habe seinerzeit noch als unverdächtig gegolten. Und als Infantino zunächst versichert hatte, er habe mit Cross Trading nie etwas zu tun gehabt, habe er sich auf Angaben der Uefa verlassen. Und die hatte, räumte sie im Nachhinein ein, unter tausenden Verträgen ein wenig den Überblick verloren.

Uefa und Fifa hatten zunächst versucht, die Enthüllungen kleinzureden

Nun muss sich die Schweizer Staatsanwaltschaft in dem Dickicht einen Überblick verschaffen. Die Uefa teilte mit, sie werde „vollumfänglich kooperieren“. Fraglich ist nun, ob und gegen wen tatsächlich Beweise auftauchen.
Selbst die Journalisten, die Einsicht in die Panama-Papiere hatten, räumen ein, dass es zwar ein Geschmäckle hat, dass die Uefa Fernsehrechte offenbar nur zu einem Drittel ihres Wertes nach Ecuador verkauft hatte. Aber nachzuweisen sei es bislang nicht, dass Cross Trading seinerzeit Uefa-Funktionäre bestochen hätte. Das werfen US-Ermittler der Sportrechteagentur in anderen Fällen längst vor.

Die Uefa bemühte sich am Mittwoch ebenfalls um Schadensbegrenzung und erklärte, Cross Trading habe damals einfach das beste Angebot abgegeben. Die Konkurrenzofferte eines Bieters namens Gamavision sei um 20 Prozent niedriger gewesen. Dass Cross Trading mit Weiterverkauf der Rechte 300.000 Euro Gewinn gemacht hatte, nahm die Uefa fast schulterzuckend zur Kenntnis. Nach dem Motto: Mal holen die zwischengeschalteten Agenturen eben einen besseren, mal einen schlechteren Preis heraus. Der hauseigenen Agentur TEAM vertraue man trotzdem. Und überhaupt, der kleine Markt Ecuador mache nur 0,2 Prozent der gesamten Einnahmen der Champions League aus. Warum also die Aufregung? Dann kam die Razzia.

Doch auch die Fifa überstand den Mittwoch nicht ohne Verluste. Juan Pedro Damiani trat am Mittwoch aus der Fifa-Ethikkommission zurück. Der ebenfalls durch die „Panama Papers“ in Bedrängnis gebrachte Anwalt aus Uruguay soll drei Angeklagten im Fifa-Skandal zu Offshore-Firmen verholfen haben, über die Funktionäre bestochen worden sein sollen.

Die Frage ist nun, ob und wie die Affäre Infantino gefährlich werden könnte. Bei seiner Wahl hatten viele Fifa-Funktionäre davon gesprochen, Infantino sei endlich mal ein unbelasteter Kandidat, der bei der Uefa keine großen Skandale hatte. Doch die Annahme, man käme in 15 Jahren im Fußballgeschäft nie mit zwielichtigen Gestalten in Verbindung, ist reichlich naiv. Auch wenn Infantino als Rechtsdirektor wohl nicht die Aufgabe hatte, die Uefa-Vertragspartner auf ihren Leumund zu überprüfen, und beteuert, die Hintermänner von Cross Trading nie getroffen zu haben.

Das wäre eigentlich die Aufgabe der Uefa und ihrer Agentur TEAM gewesen. Dass sie sich aber mit den gleichen Leuten einließen wie korrupte Funktionäre in Mittel- und Südamerika, wirft ein schlechtes Licht auf die Europäer. Den Rest müssen nun die Staatsanwälte herausfinden.

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