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Sport: Gib mir Energie

Der Frust saß tief. Sehr tief.

Von Karsten Doneck, dpa

Der Frust saß tief. Sehr tief. Und irgendwie musste die Wut raus. Da hatte also Jörg Albertz kurz vor der Pause wieder einen dieser vielen ungenauen Pässe nicht erreicht, lief über die Torauslinie ins Leere und trat dort zornbebend auf eine der Werbebanden ein. Auf dem blauen, von Albertz traktierten Werbeträger pries ein Hamburger Stromerzeuger ausgerechnet "Energie pur" an. Energie pur erlebten Albertz und sein Hamburger SV auch auf dem Rasen: Ein recht schlicht spielender FC Energie Cottbus hatte in der AOL-Arena in Hamburg die Gelegenheit, den völlig verunsicherten, mitunter konfusen HSV der Lächerlichkeit preiszugeben. 1:0 führte Cottbus zur Pause, völlig verdient, aber viel zu knapp. Und Bruno Akrapovic, Energies Mittelfeld-Abräumer, freute sich zur Pause: "Der HSV hat doch höchstens einmal auf unser Tor geschossen." Doch was für die Cottbuser so vielversprechend begann, endete im Desaster: Beim Schlusspfiff stand wie zum Hohn für die gute Cottbuser Leistung der ersten 45 Minuten ein 5:2 für den HSV auf den Video-Matrix-Bildschirmen der AOL-Arena.

Zum Thema Bundesliga aktuell: Ergebnisse und Tabellen Bundesliga-Tippspiel: Das interaktive Fußball-Toto von meinberlin.de Fassungslos reagierten die Cottbuser nach dem 14. Spiel in Folge ohne Sieg. Kaum ein Energie-Profi stellte sich den Fragen der lauernden Reporterschar, alle wollten nur schnell weg vom Ort des Debakels. Dabei hatten die Lausitzer doch nach zuvor torlosen 523 Minuten endlich mal wieder getroffen - zum 1:0 durch den jungen Silvio Schröter. Doch Eduard Geyer wollte vom Ende einer schwarzen Serie nichts wissen. "Wer denkt, dass wir übermütig werden, nur weil wir mal ein Tor schießen, der muss doch dumm, blöd und arrogant sein", polterte der Cottbuser Trainer, spürbar angefressen. Und so wurde eben bei den Cottbusern nach Spielende nicht über die geschossenen, sondern vielmehr über die nicht geschossenen Tore diskutiert. "Die Chance von Reghecampf war auschlaggebend für das ganze Spiel", grollte zum Beispiel Bruno Akrapovic, "der muss den Ball doch reinmachen, dann steht es kurz vor der Pause 2:0 für uns - und das Ding wäre gegessen gewesen." Doch Reghecampf konnte in jener Szene zwar seinen Widersacher Maltritz im Strafraum stehen lassen wie ein lästiges Gepäckstück, aber an HSV-Torwart Pieckenhagen brachte er dann freistehend den Ball nicht mehr vorbei.

Cottbus hatte mehrere solcher Torchancen, nutzte sie aber nicht. Und brach gegen einen stärker werdenden HSV nach der Pause völlig zusammen. Innerhalb von einer halben Stunde machte der HSV aus einer Katastrophen-Vorstellung durch Tore von Präger (2), Fukal, Mahdavikia und Barbarez fast noch eine Gala. "So dürfen wir uns nicht abschlachten lassen", sagte Geyer später. Bei ihm dringt so langsam die Erkenntnis durch, dass seiner Mannschaft möglicherweise die Bundesliga-Reife abhanden gekommen sein könnte. "Solche Leichtsinnsfehler, solche Stellungsfehler wie bei den Toren des HSV, die dürfen in der Ersten Liga eigentlich nicht passieren", sagte der Trainer.

Und als Bruno Akrapovic die Frage gestellt wurde, ob denn der FC Energie auch das zweite Jahre Bundesliga ohne Abstieg überstehen würde, da wurde der Mann mit den langen schwarzen Haaren ganz, ganz nachdenklich. "In dieser Verfassung ist die Chance sicher nicht so groß", sagte er, um trotzig hinzuzufügen: "Aber dass wir auch anders Fußball spielen können, haben wir doch zumindest in der ersten Halbzeit gezeigt." Aber das ist in der Endabrechnug schließlich belanglos.

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