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Sport: Greift doch an, wir warten schon

Die Füchse Berlin überraschen mit ihrer guten Abwehr nicht nur ihre Gegner, sondern auch sich selbst

Die Halle hatte sich rasch geleert, auch die Handballprofis hatten das Holzparkett schon lange verlassen, doch Bob Hanning konnte den Erfolg noch nicht realisieren. „Ich weiß nicht, wie der Film heißt, in dem wir uns gerade befinden“, sagte der Geschäftsführer der Füchse Berlin nach dem 26:25 (14:15)-Auswärtssieg bei der heimstarken SG Flensburg-Handewitt. Auch Silvio Heinevetter war überrascht. „Wir wollten uns nicht abfertigen lassen wie in den Vorjahren“, berichtete der Füchse-Torwart. „Aber dass wir jetzt wirklich Punkte mitnehmen…“ Heinevetter brachte den Satz nicht zu Ende.

Die bisherige Erfolgsstory der Füchse ist tatsächlich kaum in Worte zu fassen: Sechs Siege in sechs Spielen, darunter der Heimsieg gegen den Champions-League-Sieger THW Kiel und nun Tabellenführer in der besten Liga der Welt. Noch bemerkenswerter ist dies vor dem Hintergrund, dass Berlin lange ein weißer Fleck auf der Handball-Landkarte war und im Vorjahr nur den neunten Platz belegt hatte. „Wir sind glücklich, wir freuen uns über die Situation“, sagte Hanning. „Es tut der ganzen Liga gut, dass mal eine andere Mannschaft nach oben kommt.“

Die beiden ärgsten Verfolger haben die Füchse also besiegt, doch die Verantwortlichen wehren sich, in den Kreis der Meisterschaftsfavoriten eingereiht zu werden. Das überlassen sie lieber Kiel, Hamburg, Flensburg und Mannheim. Ziel bleibt weiter ein Europapokalplatz. „Die beiden Siege gegen Kiel und Flensburg sind vier Bonuspunkte, die uns unserem Ziel Europapokal näher bringen“, sagte Hanning. Sollte das Team allerdings in der Verfassung der letzten Wochen weiterspielen, ist auch Platz drei und das Erreichen der Champions League möglich.

Die Basis des derzeitigen Erfolges ist die Defensive, die Trainer Dagur Sigurdsson fantastisch eingestellt hat. Hervorzuheben ist dabei vor allem das sensationelle Rückzugsverhalten, das blitzschnelle Umschalten von Angriff zu Abwehr. So unterbanden die Berliner die Spezialität des Flensburger und Kieler Spiels, den schnellen Gegenstoß. Nur 23 Gegentore gegen Kiel, das gelang in den letzten fünf Jahren in der Bundesliga nur den Rhein-Neckar Löwen, die aber mit 20:23 verloren.

Den wichtigsten Part hier spielt Denis Spoljaric, die Neuverpflichtung aus Zagreb. Gemeinsam mit dem Dänen Torsten Laen bildet der Kroate einen fast perfekt abgestimmten Mittelblock in einem 6:0-Abwehrverbund, der mit schnellen Verschiebungen jeden Angriff vor Probleme stellt. Auch Neuzugang Alexander Petersson auf der halbrechten Abwehrposition ist gut in die Füchse-Defensive integriert. Und kommt doch einmal ein Wurf durch, dann steht da noch Silvio Heinevetter. „Ich spiele gut, weil ich eine gute Abwehr vor mir habe“, lobt der Nationalkeeper seine Vorderleute. „Jeder weiß, was er zu tun hat.“

Auch für den Angriff haben die Füchse schlau eingekauft. Der Halblinke Sven-Sören Christophersen, der aus Wetzlar kam, kann seine Wurfquote zwar noch verbessern, aber die Torgefahr, die er mit seinen Sprungwürfen ausstrahlt, hilft seinen Nebenleuten. Effektiver ist derzeit Petersson, der die Linkshänder-Position im Rückraum bekleidet und Dienstag mit sieben Toren bester Schütze war. Petersson ist zwar relativ klein für diese Position (1,86 Meter), gleicht das aber durch Cleverness, ein gutes Auge und Gespür für die Situation aus. Als Flensburgs Manager Holger Kaiser am Dienstagabend beklagte, man müsse nach den Gründen suchen, warum sein Team nicht mehr wie im Vorjahr die Schlussminuten beherrsche, flüsterte Hanning dem SG-Präsidenten Frerich Eilts lächelnd zu: „Da hattet Ihr noch den Petersson.“

Zudem profitieren die Füchse davon, dass die Konkurrenz im Europapokal Kräfte lässt, während sie trainieren und regenerieren können. Trotz der hervorragenden Ausgangslage lehnen es die Profis ab, über höhere Ziele zu reden. Über die nächsten Wochen und Monate wollte Heinevetter gar nicht reden. Er sagte nur: „Daran denke ich nicht. Ich freue mich jetzt auf ein schönes Bier und eine gemütliche Heimfahrt.“ Verdient hatte er sich das.

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