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Sport: Großes Tennis

Julia Schruff besiegt in Melbourne die an Nummer neun gesetzte Jelena Dementjewa

Im Tennis gibt es eine feste Hackordnung. Während die Großen auf den Center Courts dieser Welt spielen, müssen sich die Nebendarsteller auf den Außenplätzen tummeln, wo es nach Frittenfett stinkt und sich nur wenige Zuschauer auf den Rängen verlieren. Nach dem Match dürfen die Stars vor der Weltpresse erläutern, warum sie wieder einmal gewonnen haben, während mit den Verlierern meist keiner sprechen will. Gestern saß Julia Schruff plötzlich im Scheinwerferlicht, im Main Interview Room der Australian Open, ein gewaltiger sozialer Aufstieg.

Der Grund: Die 80. der Weltrangliste hatte die 71 Plätze vor ihr eingestufte Russin Jelena Dementjewa in der ersten Runde besiegt. 7:5, 6:2 lautete das Ergebnis, der Erfolg war eigentlich nur in Gefahr, als die zierliche Spielerin im ersten Satz einen 5:1-Vorsprung verspielte. Während sie den Auftritt auf Show Court zwei, dem viertgrößten Platz der Anlage, mehr ihrer illustren Gegnerin verdankte, hatte sie sich den Weg in den Interview- Raum der Stars selbst verdient.

„Ich wusste, dass ich sie schlagen kann“, sagte die 23 Jahre alte Schruff selbstbewusst. Überhaupt war es ein guter erster Turniertag für die deutschen Tennisspieler. Fünf von zehn erreichten die nächste Runde, obwohl die deutschen Topspieler Thomas Haas, Nicolas Kiefer und Anna-Lena Grönefeld erst heute ins Geschehen eingreifen. Philipp Kohlschreiber, der Qualifikant Denis Gremelmeyer, Martina Müller und Lars Burgsmüller erreichten neben Schruff die zweite Runde. Burgsmüller setzte sich dabei gegen seinen Trainingspartner Rainer Schüttler durch, der vor drei Jahren noch im Finale der Australian Open stand.

Julia Schruff genoss ihren Triumph eher still. Im vergangenen Jahr hatte sie schon zweimal Aufsehen erregt, als sie bei den German Open in Berlin mit Anastasia Myskina erstmals eine Akteurin aus den Top Ten bezwang und in New York, bei den US Open, in die dritte Runde vorstieß. In ihrem Match gegen Dementjewa wurde Schruff allerdings auch unfreiwillig von ihrer wankelmütigen Gegnerin unterstützt. Die 1,80 Meter lange Blondine, die 2004 in Paris und bei den US Open im Finale gestanden hatte, leistete sich zwölf Doppelfehler und schenkte Schruff durch leichte Fehler 37 Punkte. Schruffs nächste Gegnerin ist wieder eine Russin, allerdings eine noch eher unbekannte. Sie trifft in der zweiten Runde auf die erst 19 Jahre alte Grand-Slam-Debütantin Jelena Wesnina. Wenn es nach Schruff geht, sollen Erfolge bei den wichtigen Turnieren jetzt zur Gewohnheit werden, „immer dritte Runde wäre ganz gut“. Sonst strebt sie in diesem Jahr einen Platz unter den besten 50 der Welt an. Dann würde sie in der Hackordnung ein gutes Stück nach oben klettern.

Alexander Hofmann[Melbourne]

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