zum Hauptinhalt
Tatort Maracana. Alcides Ghiggia (hinten, verdeckt vom Pfosten) erzielte 1950 das 2:1 und machte Uruguay damit zum Weltmeister.

© picture alliance / EFE

Halbfinale beim Confed-Cup: Brasilien gegen Uruguay ist mehr als ein Mythos

Im ersten Halbfinale des Confed-Cups trifft Gastgeber Brasilien heute Abend (21 Uhr, live bei ZDF) auf Uruguay – das ist seit der Weltmeisterschaft von 1950 ein historisch vorbelastetes Duell.

Wahrscheinlich ist es so, dass Oscar Washington Tabarez den ganzen Kram schon nicht mehr hören kann. Das große Spiel im Maracana-Stadion von Rio de Janeiro und die anschließende Staatstrauer in Brasilien, hervorgerufen durch diesen 2:1-Sieg im finalen Spiel der WM 1950, er machte Uruguay zum Weltmeister und stürzte den Verlierer in eine tiefe Agonie, für die sie in Brasilien einen eigenen Namen erfunden haben: Maracanaço. Lange her, und „wir haben seitdem so oft gegen Brasilien gespielt“, sagt der Trainer der uruguayischen Nationalmannschaft. Tabarez war 1950 gerade drei Jahre alt und kann sich heute beim besten Willen nicht vorstellen, dass ihm die Eltern früher von den Heldentaten der 1950er Mannschaft vorgeschwärmt hätten.

Alcides Ghiggia, damals der Schütze des Siegtores, hat einmal erzählt, wie er als älterer Herr bei seiner Einreise nach Brasilien von einer jungen Zollbeamtin gefragt wurde, ob er denn derjenigewelche Ghiggia sei. „Ja, aber das ist doch schon 50 Jahre her!“ – „Aber in Brasilien spüren wir diesen Moment noch heute!“

Was die Brasilianer nicht ruhen und die Uruguayer kalt lässt, erfährt am Mittwoch (21 Uhr, live im ZDF) eine Neuauflage. In Belo Horizonte spielen die beiden dann den ersten Finalisten des Confed-Cups aus. Für Tabarez ist es einfach nur ein Fußballspiel, „gegen eine sehr gute Mannschaft“, und natürlich will er dieses Halbfinale gewinnen. „Wir wissen auch, wie das geht“, sagt er und listet all die Spiele der jüngeren Vergangenheit auf, in denen seine Mannschaft den Brasilianern so viel abverlangt hat, dass deren Trainer Luiz Felipe Scolari Uruguay ehrfürchtig „unseren stärksten Gegner bei diesem Turnier“ nennt. Tabarez lacht, „das ist sehr generös von Felipao“. Natürlich sei es ein Privileg, bei diesem Turnier gegen den Gastgeber spielen zu dürfen und dann auch noch im Halbfinale. „Aber in erster Linie ist es ein Spiel, das durch die Auslosung und den Spielplan so zustande gekommen ist.“ Für Mythen und Romantik ist Oscar Washington Tabarez nicht zu haben.

Kein Romantiker. Für Uruguays Trainer Tabarez ist das Halbfinale ein ganz normales Spiel.
Kein Romantiker. Für Uruguays Trainer Tabarez ist das Halbfinale ein ganz normales Spiel.

© AFP

Die Uruguayer haben eine interessante Reise zurückgelegt bei diesem Turnier der Erdteilmeister. Beim 1:2 im ersten Spiel gegen Spanien wurden sie an die Wand gespielt, kämpften sich mit 2:1 gegen Nigeria zurück und siegten dann am Sonntag 8:0 gegen die Publikumslieblinge von Tahiti. Die Amateure aus der Südsee wurden zwar vom Publikum in Recife frenetisch angefeuert, „aber es sind immer noch die Mannschaften, die das Spiel spielen“, sagt Tabarez. Den Lärm hat er wohl eher als anregend empfunden.

Am Mittwoch wird es für seine Spieler noch ein bisschen lauter werden, aber daran sind sie gewöhnt. Bei der letzten WM vor drei Jahren hat Uruguay den afrikanischen Fans standgehalten, erst den Gastgeber Südafrika besiegt und im Viertelfinale auch noch Ghana. „Vor 80 000 Zuschauern in Ghana, und alle waren sie gegen uns“, sagt Tabarez. Was sollen ihn da die nicht mal 60 000 in Belo Horizonte schrecken.

Im Gefühl der nahezu sicheren Qualifikation für das Halbfinale gönnten sich die Uruguayer am Sonntag den Luxus, ihren schwer beanspruchten Offensivkräften die Pflichteinheit in der tropischen Hitze von Recife zu ersparen. Diego Forlan, er verdient mittlerweile sein Geld in Brasilien bei Internacional Porto Alegre, wurde erst nach dem Schlusspfiff gefordert, als ein Tahitianer energisch den Trikottausch forcierte. Edison Cavani, noch in Neapel unter Vertrag, aber von Chelsea und Madrid und Manchester gejagt, durfte einen Nachmittag lang die Beine ausstrecken. Nur Luis Suarez musste noch 20 Minuten lang mitstürmen. Suarez hat zuletzt in Liverpool in Folge einer seiner häufiger anfallenden Sperren nicht so oft gespielt, „da wollten wir ihm Praxis geben“, sagt Tabarez. Der bullige Stürmer trabte weitgehend lustlos über den Platz, wenn er denn nicht gerade stand. Es reichte dennoch zu zwei späten Toren, was ziemlich viel über Suarez‘ Potenzial sagt, aber natürlich auch über das von Tahiti.

Es hat dann am Sonntag einen kleinen Streit gegeben im Kreis der Celeste. Es geschah dies, als Uruguay schon 6:0 gegen Tahiti führte und einen Elfmeter zugesprochen bekam. Nicolas Lodeiro legte sich den Ball auf den kreideverschmierten Punkt, da klopfte ihm Abel Hernandez dezent auf die Schulter. Der hatte schon dreimal getroffen und wollte noch mehr. Die beiden wechselten ein paar Worte und dann stapfte der kleine Lodeiro kopfschüttelnd davon und überließ dem langen Hernandez die Exekution. „Kann schon sein, dass er ein bisschen sauer war“, sprach Hernandez. „Aber vier Tore in einem Länderspiel sind eine große Sache“ und die wollte er sich nicht entgehen lassen, auch wenn es nur gegen Tahiti ging.

Die vier Tore werden eine schöne Erinnerung an den Confed-Cup sein, eine Anzahlung auf einen Einsatz gegen Brasilien sind sie allerdings kaum. Am Mittwoch wird es für Abel Hernandez wieder nur zu einem Platz auf der Bank reichen. Wenn Diego Forlan sein Trikot nicht nur zum Tauschen anzieht, Luis Suarez sein Liverpooler Tempo anzieht und Edison Cavani sich auf der ganz großen Bühne empfehlen will für Chelsea, Madrid oder Manchester.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false