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Sieht weniger gut aus. Bundestrainer Prokop bei der Arbeit.

© AFP

Handball-EM: Noch nicht in der Spur - liegt es am Trainer?

Die ersten EM-Spiele unter Handball-Bundestrainer Christian Prokop verliefen nicht so wie erwünscht. Viele Dinge funktionieren in Kroatien bisher nicht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph Dach

Das Eingeständnis von Fehlern ist immer ein Zeichen von Größe und guter Selbstreflexion, gerade als Person des öffentlichen Lebens. Das gilt besonders, wenn vorher alle von genau diesem Fehler abgeraten haben, so nach dem Motto: alles ist verhandelbar, aber das nicht. Insofern ist es Handball-Bundestrainer Christian Prokop hoch anzurechnen, dass er seinen Kader bei der Europameisterschaft in Kroatien im Verlauf der Vorrunde umgebaut und Abwehrchef Finn Lemke nachnominiert hat.

Zur ganzen Wahrheit gehört allerdings auch, dass er sich mit der Berufung zweier unerfahrener Spieler seines Ex-Klubs SC DHfK Leipzig ohne jede Not angreifbar gemacht hat. Seitdem wird jeder Schritt, jede Entscheidung und jede taktische Variante noch genauer und kritischer beäugt als es bei Bundestrainern ohnehin üblich ist.

Es geht natürlich nicht darum, den Menschen Christian Prokop zu diskreditieren; der 39-Jährige ist ein netter, zurückhaltender Zeitgenosse, stets bedacht in seinen Antworten und gewiss kein Lautsprecher. Eine objektive Beurteilung der sportlichen Leistung seiner Mannschaft muss er sich jedoch gefallen lassen, und da kann man nach der Vorrunde nur feststellen: Der Titelverteidiger ist noch nicht in der Spur, das unerschütterliche Selbstverständnis der Bad Boys von 2016 ist irgendwo auf der Strecke geblieben.

Beim Deutschen Handball-Bund (DHB) verweisen sie zwar gern auf die Tatsache, dass die Mannschaft bei der EM bislang noch kein Spiel verloren habe und in der am Freitag startenden Hauptrunde alles drin ist. Man kann aber auch sagen: von drei Vorrundenspielen haben die Deutschen nur eines gewonnen, und bei den beiden Unentschieden gegen Slowenien und Mazedonien hatten sie am Ende großes Glück, dass es überhaupt zu jeweils einem Punkt reichte.

DHB-Vizepräsident Bob Hanning frotzelt

Prokop hatte knapp ein Jahr Zeit, seine Auswahl auf das Turnier vorzubereiten. Viele Dinge, die in dieser Zeit scheinbar locker von der Hand gingen, funktionieren in Kroatien bisher nicht. Die Frage nach den Gründen muss also gestattet sein, ohne dass die DHB-Funktionäre gleich so gereizt reagieren wie am Donnerstag. „Den Gefallen, gegen Tschechien zu verlieren, werden wir euch nicht tun“, sagte Vizepräsident Bob Hanning vor dem ersten Hauptrundenspiel am Freitag zu den Reportern.

Es war der finale Beweis dafür, dass die Stimmung im deutschen Lager ziemlich angespannt ist – und dass eine Europameisterschaft ein ganz anderer Stresstest ist als die freundschaftlichen Vergleiche, die Prokops Team in seinen ersten zehn Monaten im Amt absolviert hat. Nächste Belastungsprobe folgt.

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