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Handball: Frankreich trifft bis zum Schluss

Deutsche Handballer verlieren bei der EM gegen den Erzrivalen 23:26 und müssen heute Schweden besiegen

„Wie läuft es denn jetzt?“, fragte der Lemgoer Michael Kraus, noch schweißgebadet, etwas ratlos in die Runde. Sein Team, der Handball-Weltmeister, hatten zuvor gekämpft und gerackert, hatte alles gegeben im Duell gegen den Erzrivalen. Aber gegen Frankreich reichte es im zweiten Hauptrundenspiel bei der EM in Trondheim diesmal nicht. Am Ende gab es vor 3 000 Zuschauern in der Trondheimer Spektrumhalle ein 23:26 (10:11). Und sofort wurde nun gerechnet, welche Ergebnisse nötig sind, damit Deutschland nach der zweiten Niederlage und nunmehr 4:4 Punkten doch noch das Halbfinale am Samstag in Lillehammer erreichen kann. Klar war: Es hilft nur ein Sieg im letzten Hauptrundenspiel gegen den viermaligen Europameister Schweden (heute, 19.20 Uhr, live im ZDF). Aber zusätzlich musste Ungarn in seinen letzten Partien mindestens einen Punkt lassen. „Die Ungarn sind gut drauf“, hatte Bundestrainer Heiner Brand zu diesem Zeitpunkt wenig Hoffnung, die Runde der letzten Vier noch zu erreichen. Zumal Frankreichs Trainer Claude Onesta schenll ankündigt hatte, seine Stars im für Frankreich unbedeutenden Spiel schonen zu wollen. Doch knapp zwei Stunden später hatte war zumindest die Befürchtung, man müsse auf Frankreichs Hilfe bauen, erledigt. Die kam überraschend von Island, das Ungarn 36:28 (16:16) besiegte. Damit können heute neben Frankreich nur noch Deutschland oder Schweden in Halbfinale einziehen.

Bundestrainer Heiner Brand war mit dem Auftritt seiner Mannschaft nicht einmal unzufrieden. „Von der Intensität des Kampfes her war es sicherlich eine große Leistung, meine Spieler haben gut gefightet“, sagte der 55-Jährige, beklagte aber eine „zu schlechte Chancenverwertung“. Von Beginn entwickelte sich eine intensive Defensivschlacht, ein zähes Ringen um jedes Tor. Die Teams operierten mit verschiedenen Abwehr-Systemen, die auf ihre Weise wirkungsvoll die Angriffe des Gegners zerstörten. Die Franzosen setzten dabei auf ihre traditionell sehr starke 5:1-Defensive, deren Spitze Narcisse die Wege des erneut gehemmt wirkenden deutschen Rückraumstars Pascal Hens gut einengte. Heiner Brand indes vertraute erwartungsgemäß seinem 6:0-Abwehrblock um Organisator Oliver Roggisch, der mit vielen und schnellen Seitwärtsbewegungen die Räume eng machen sollte.

Beide Defensivformationen arbeiteten in der ersten Viertelstunde jedenfalls fast perfekt. Denn auch die beiden Keeper Thierry Omeyer und Henning Fritz zeigten dann, wenn einmal Lücken da waren, ihre Extraklasse. Omeyer entschärfte freie Würfe von Klimovets, Jansen oder Glandorf. Fritz hatte sich hervorragend auf die Rückraumgeschosse von Karabatic und Narcisse eingestellt und zeigte eine Präsenz, die an die WM im vergangenen Jahr erinnert. Nach elf Minuten stand es nur 1:1. Doch dann zogen die Franzosen, angeführt von ihrem brachialen Aufbauspieler Nikola Karabatic, kontinuierlich davon. Bis zum 6:9 hatte das deutsche Positionsspiel größte Mühe, überhaupt Wurfpositionen zu kreieren, war der Lemgoer Spielmacher Michael Kraus nur selten imstande, konstruktiv aufzubauen. Die Deutschen waren nun auf Tore bei Tempogegenstößen (Jansen, Kehrmann) angewiesen. Erst als Brand den Kieler Linkshänder Christian Zeitz für Glandorf brachte, wurde es etwas besser. Zeitz war es dann auch, der drei Sekunden vor Halbzeit mit einer imponierenden Soloaktion auf 10:11 verkürzte.

Als Hens mit einem mächtigen Sprungwurf zum 11:11 ausglich (31.), war die Partie wieder ausgeglichen. Doch als Abwehrchef Oliver Roggisch nach einem Foul an Luc Abalo die dritte Zeitstrafe kassierte (34.), verlor das Brand-Team einen Schlüsselspieler. Zehn Minuten später lag es 15:18 hinten. Zuvor hatte sich bereits Hens verletzt (37.). „Das hat unsere Schlagkraft natürlich vermindert“, erklärte Brand. Und kamen die Deutschen noch einmal ins Spiel. Nun drehte Kraus auf der Hens-Position plötzlich auf, warf sechs Tore, und als Torsten Jansen einen Siebenmeter zum 20:20 verwandelte (51.), schien sich das Duell abermals zu einem Krimi zu entwickeln. Den letzten Gleichstand erzielte Kraus zum 21:21 (51.). Doch danach ging dem deutschen Angriff die Kraft aus, scheiterte man mehrmals an Omeyer, der gegenüber Fritz leichte Vorteile hatte. Frankreich hingegen traf weiter. „Wir hatten Möglichkeiten, das Spiel zu kippen, haben aber dann vorne zu viele Bälle weggeworfen“, trauerte Fritz den klaren Chancen hinterher. Für einen kleinen Trost sorgten schließlich die Isländer.

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