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Jetzt wird zurückgemeckert. Trainer Heiner Brand kritisiert seine Spieler - doch diese haben auch etwas an seinen taktischen Entscheidungen auszusetzen.

© dpa

Handball-WM: Spieler kritisieren Heiner Brand

Es gärt in der deutschen Handball-Nationalmannschaft. Vor dem WM-Spiel gegen Frankreich äußern einige Akteure sogar leise Kritik an Bundestrainer Heiner Brand.

Michael Kraus steht in der Halle, die Arme vor der Brust verschränkt, in Verteidigungshaltung. Um den 27-Jährigen Rückraumspieler vom HSV Hamburg scharen sich die Reporter im Hotel Grand Quality von Kristianstad, dem Quartier der deutschen Handballnationalmannschaft bei der WM in Schweden. Kraus hat die Probleme des deutschen Angriffs bei der Niederlage gegen Spanien (24:26) verkörpert. Er selbst ist ratlos. „Ich bin noch nicht im Turnier“, sagt er. „Dabei war ich eigentlich gut drauf.“ Dann aber sagt er noch etwas: Dass es ihn getroffen habe, beim WM-Auftaktspiel gegen Ägypten nicht in der Startsieben aufgelaufen zu sein. War das etwa Kritik an Bundestrainer Heiner Brand?

Es gärt in der deutschen Handball-Nationalmannschaft. Zu bitter war die 24:26-Niederlage gegen Spanien. Kapitän Pascal Hens wagte vor der heutigen Partie gegen den Turnierfavoriten Frankreich (18.15 Uhr, live in der ARD) ebenfalls das Undenkbare: Kritik am Bundestrainer. „Wir haben in den entscheidenden Phasen sicher alle nicht die richtigen Entscheidungen getroffen“, sagt er. Die Spieler hätten den Überblick verloren, und womöglich habe man, als die Spanier zehn Minuten vor Schluss umstellten und mit einer vorgezogenen Spitze in der Abwehr agierten, auch taktisch nicht angemessen reagiert. An dem Personal auf dem Feld habe man „vielleicht zu lange festgehalten“, sagt der Kapitän, der in der dieser Zeit auf der Bank schmorte. „Ich hätte mir schon zugetraut, auf dem Feld die nötige Ruhe auszustrahlen.“ Das sind ungewohnt heftige Töne gegen den Bundestrainer, der am Dienstag Patrick Groetzki von den Rhein-Neckar Löwen nachnominierte. Er soll vorerst den angeschlagenen Rechtsaußen Christian Sprenger ersetzen, der aber weiter im Kader bleibt.

Auch in Michael Kraus kocht es. Die Kritik von Bundestrainer Heiner Brand, ihm fehle es in manchen Momenten an der nötigen Aufmerksamkeit, nervt den Mann, der eigentlich mit seiner Erfahrung von bereits 105 Länderspielen den deutschen Angriff lenken soll. Es liege nicht an den handballerischen Fähigkeiten, hatte Brand brummend angemerkt, sondern „an der Frage, konzentriert ins Spiel zu gehen“. Darauf angesprochen sagt Kraus: „Der Trainer weiß, dass ich mich vor jedem Spiel sehr konzentriere.“

Heiner Brand sagt, er könne sich schwerlich erklären, warum Kraus nach sehr spektakulären Aufritten bei den Testspielen gegen Schweden und auf Island bei der WM einbreche. „Ich hoffe, dass er die Form dieser Spiele noch findet“, sagt der 58-Jährige. „Ich werde mich noch einmal mit ihm hinsetzen und ihm erklären, was ich von ihm erwarte.“ Kraus hingegen macht die wenige Spielzeit zu Beginn des Turniers verantwortlich. Vielleicht spiele er zu wenige Angriffe, sagt er, und wolle dann, wenn er aufs Feld geschickt werde, zu viel auf einmal. Brand wird es trotzdem weiter mit Kraus versuchen, weil er angewiesen ist auf die handballerischen Fähigkeiten, die Kraus bei der WM 2007 bewies. Zumal eine Niederlage gegen Frankreich die Chance auf den Einzug ins Halbfinale in weite Ferne rücken würde.

„Wir haben ja eigentlich gezeigt, dass wir guten Handball spielen können“, sagt Kraus. Sein Verhältnis zum Bundestrainer scheint nachhaltig gestört. Brand schweben für den Part des Regisseurs stets Figuren vor, wie sie Kraus’ Vorgänger Markus Baur und Daniel Stephan dargestellt haben. Kraus ist ihm zu unseriös, zu sprunghaft, und auch seine Undiszipliniertheiten vergisst Brand nicht, der Mann mit dem Elefantengedächtnis. Weshalb er sich wohl auch die Kritik vom Dienstag noch eine Weile merken dürfte.

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