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Sport: Handel durch Wandel

Von Michael Rosentritt Kaprun. Dieter Hoeneß wird der große Star gewesen sein, vergangenen Sonnabend.

Von Michael Rosentritt

Kaprun. Dieter Hoeneß wird der große Star gewesen sein, vergangenen Sonnabend. Und was werden sie ihn nicht alles gefragt haben, seine früheren Mitschüler aus Ulm. Das 30-jährige Abiturfest stand an. Dafür gönnt man sich gern ein freies Wochenende. Hoeneß wollte Hertha mal Hertha sein lassen. Ein kühner Vorsatz, der einen ganzen Abend nicht durchzuhalten ist. Denn vermutlich werden sie ihn gefragt haben, ob er denn nun einen brasilianischen Stürmer einkauft oder vielleicht doch lieber einen argentinischen. Und der Manager von Hertha BSC wird dabei dasselbe Gesicht gemacht haben, wie gestern im Trainingslager in Kaprun, als die Presse diese Frage wiederholte. „Es ist doch klar“, wird er seinen Mitschülern gesagt haben, „ich sage erst dann etwas dazu, wenn wir uns mit dem Spieler einig sind.“

Am 9. August beginnt für den Berliner Bundesligisten in Dortmund die Saison, doch die Besetzung einer zentralen Position, die eines Tore schießenden Stürmers, ist vakant. Gründe dafür wurden in den vergangenen Wochen zuhauf gehandelt. Gestern zog Manager Hoeneß einen relativ neuen wie interessanten Grund aus dem Ärmel. „Täglich sinken die Preise“, sagte Hoeneß.

Er hätte auch sagen können: Die Spieler werden von Tag zu Tag billiger. Denn etwas Gutes bringt jede Krise mit sich. Dass die Vereine nicht mehr allzu üppig ausgestattet werden aus dem Hause Kirch, hat in gewisser Weise zu einer „Marktbereinigung“ geführt. Dieses Wort gefällt Hoeneß. Immer, wenn er es im Munde führt, huscht ihm ein Lächeln übers Gesicht. Und das Beste daran ist: „Ein Ende dieses Prozesses ist noch nicht abzusehen." Abzusehen aber ist, dass Hertha einen Stürmer einkaufen muss, „und wird“, wie Hoeneß sagt. Ende Juli soll er dingfest gemacht werden. „Es könnte aber auch Anfang August werden.“ Hoeneß hat Zeit, viel Zeit. Und das wird er wohl auch seinem Verhandlungspartner in Südamerika haben wissen lassen. Erst neulich hat einer der hoeneßschen Kandidaten, der brasilianische Stürmer Luizao, verkündet: „Hertha ist mein Wunschklub.“ Nur leider hatte der Gute in Sachen Gehalt Wünsche geäußert, die nicht deckungsgleich mit den Vorstellungen von Dieter Hoeneß sind, nicht sein können. Luizao hielt zehn Millionen Dollar netto für vier Jahre für eine angemessenen Aufwandsentschädigung. Von diesem Zeitpunkt an hatte Hoeneß beschlossen zu warten. Irgendwann, da ist sich Hoeneß sicher, sollte auch Luizao wieder vernünftig werden.

Die Marktbereinigung hat bei Hertha auch andere Spuren hinterlassen. Im Vergleich zu den Vorjahren investierte Hertha kaum in neues Personal. Zugänge sind der Pole Bartosz Karwan und der Westfale Arne Friedrich. Hinzu kommt Alexander Mladenow von Herthas Amateuren. Den Verein verlassen haben Sebastian Deisler und Ali Daei, die in der vergangenen Saison ohnehin verletzt oder nicht mehr gut genug waren. Dafür hat Hertha einen Trainer geholt – Huub Stevens. Und mit Holger Gehrke und Carsten Schünemann gleich einen ganzen Stab dazu. „Wir haben uns bewusst zurückgehalten auf dem Transfermarkt“, sagt Hoeneß. Die Mannschaft habe ihr Potenzial bewiesen. Dennoch wird es Veränderungen geben. Nicht sofort, aber unausweichlich. Die Verträge von elf Spielern laufen am Ende der jetzt beginnenden Saison aus. „Ein Wandel wird stattfinden“, sagt Hoeneß. In einem Jahr bekommt die Mannschaft ein anderes Gesicht. Mit einigen Spielern werde man die Verträge verlängern. Neu verhandelt aber wird in jedem Fall. Und bis dahin vergehen noch viele Tage. Jeden einzelnen dieser Tage wird Dieter Hoeneß genießen. Und davon wird er bestimmt erzählt haben, in Ulm, im Kreise seiner Mitabiturienten.

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