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Sport: Hansa Rostock geht auf Abschiedstour

Der Tabellenletzte steht drei Spiele vor Liga zwei

Von Karsten Doneck, dpa

Guy Demel war schon etwas übermütig. Wie er da eine Viertelstunde vor Schluss beim Stande von 3:0 für seine Mannschaft selbstverliebt mit dem Ball in Strafraumnähe herumtrickste, das entbehrte aller Zielstrebigkeit. Es wirkte arrogant und schien nur einen Zweck zu erfüllen: den bereits geschlagenen Gegner zu veralbern. Das Publikum reagierte zornig. Bei Hansa Rostock reifte in dieser Phase des Spiels längst die Erkenntnis, einem Kontrahenten wie dem Hamburger SV nicht gewachsen zu sein, aber Stolz und Würde wollte sich die Mannschaft dann doch nicht nehmen lassen, vom HSV nicht und erst recht nicht von Guy Demel. Wenn der FC Hansa nach nur einem Jahr Erste Liga wieder absteigen muss, dann wenigstens erhobenen Hauptes.

Die 1:3-Niederlage der Rostocker am Samstag gegen den HSV ließ den Abstand auf die Nichtabstiegsplätze auf fünf Punkte wachsen. „Wir haben jetzt noch drei Spiele, da müssen wir die nötigen Punkte holen, am besten drei Siege“, träumte Hansas Verteidiger Tim Sebastian später. Doch dass Rostock in den restlichen Auswärtsspielen gegen Hannover 96 und den VfL Bochum sowie daheim gegen Leverkusen die Distanz auf den Tabellen-15. Arminia Bielefeld noch wettmacht, dafür gibt es wenig Anhaltspunkte. Erinnert sei nur an das Ende der Hinrunde: In den drei Hinspielen gegen dieselben Gegner holte Hansa durch ein 2:0 gegen Bochum nur drei von den neun möglichen Zählern, die anderen beiden Spiele gingen jeweils 0:3 verloren.

Hansa ist jetzt Letzter. Und wird absteigen. Es gibt triftige Gründe dafür. Gründe, die auch außerhalb des Platzes liegen. Mit rund 25 Millionen Euro verwaltet der Klub den kleinsten Etat aller 18 Bundesligisten. Das ließ beim Kauf der nach dem Aufstieg so dringend benötigten Verstärkungen wenig Spielraum. Spieler wie Addy-Waku Menga vom VfL Osnabrück oder Fin Bartels von Holstein Kiel wären bei anderen Erstligisten erst einmal als so genannte Perspektivspieler im Kader ganz weit hinten angesiedelt gewesen. In Rostock kamen sie bis jetzt auf zusammengerechnet 27 Bundesligaeinsätze. Oder Victor Agali. Der nigerianische Nationalspieler wurde am 24. August ablösefrei noch schnell nachverpflichtet, als Hansas Sturmprobleme längst offenkundig geworden waren. Agali, 28 Jahre alt und zuvor beim türkischen Erstligisten MKE Ankaragücü unter Vertrag, traf in 21 Spielen nur ein einziges Mal. Hansa Rostock hat insgesamt nur 27 Saisontore erzielt, die wenigsten in der Liga, im Durchschnitt nicht mal ein Tor pro Spiel. Zu den Widrigkeiten gehört auch, dass der als Führungsfigur gedachte Routinier Stefan Beinlich verletzungsbedingt in der Saison nur selten zur Verfügung stand.

Während und nach dem Spiel gegen den HSV wetterte das Rostocker Publikum gegen alles und jeden. Mangelnder Kampfgeist der Spieler wurde da beklagt, den in der Tat schwachen Stürmer Sebastian Hähnge hätte mancher Zuschauer wohl am liebsten höchstpersönlich vorzeitig vom Platz gezerrt, und natürlich ist, nach Ansicht eines Teils der Hansa-Gefolgschaft, Frank Pagelsdorf der völlig verkehrte Trainer. Dass in diesen Tagen immer mal wieder kolportiert wird, Pagelsdorf sei nach der Saison als Nachfolger von Thomas Doll bei Borussia Dortmund im Gespräch, trägt auch nicht gerade zu einem besseren Stimmungsbild an der Ostseeküste bei.

Hansa konnte in den letzten elf Spielen nur einen Sieg landen (2:1 beim Karlsruher SC). Längst wirkt die Mannschaft ausgepowert, nicht mehr fähig zum Aufbäumen bei Rückschlägen. Sie startete gegen den HSV stark, und Gästetorwart Frank Rost verhinderte am Anfang zweimal ein Gegentor. Das 0:1 warf Hansa dann sofort um, danach ging nichts mehr. „Wäre Rostock in Führung gegangen, läuft das hier ganz anders“, sagte Rost. Derlei kleinlaute Töne kommen in Rostock sicher gut an. Besser jedenfalls als Guy Demels Kleinkunst-Darbietungen.

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