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Sport: Hansa Rostock - HSV: Die Punkte gehen an den neuen Mieter

Der Empfang hätte besser nicht sein können. Als Frank Pagelsdorf kurz vor Spielbeginn das Ostseestadion betrat, brandete Applaus auf.

Der Empfang hätte besser nicht sein können. Als Frank Pagelsdorf kurz vor Spielbeginn das Ostseestadion betrat, brandete Applaus auf. Der Trainer des Hamburger SV zeigte äußerlich keine Regung. Die Hände in den Taschen seiner schwarzen Windjacke vergraben, ging er an der Fankurve des FC Hansa Rostock vorbei zur Trainerbank. Dort stellte er sich vor seine Ersatzspieler, verschränkte die Arme und ließ seinen Blick über die im Bau befindliche Arena schweifen - seine frühere Wirkungsstätte.

Pagelsdorf wird seinen einstigen Arbeitsplatz kaum wiedererkannt haben. Das Stadion ist schon zur Hälfte modernisiert. Zwei Tribünen sind frisch bestuhlt und überdacht, an den Rohbauten der Haupttribüne sind bereits die neuen VIP-Logen zu erkennen. Nur die Südkurve erinnert noch an den Fußballplatz, den Pagelsdorf vor drei Jahren in Richtung Hamburg verließ. Alte Holzbänke, von Rostocker Fußballfans zu DDR-Zeiten freiwillig aufgebaut, und eine flackernde Anzeigetafel warten auf den Abriss.

"Hansa hat eine erstaunliche Entwicklung genommen", lobte Pagelsdorf bereits im Vorfeld seines Gastspiels. Er weiß, wie schwer es der Fußballverein im strukturschwachen Mecklenburg-Vorpommern hat. Sponsoren sind rar, gute Spieler wechseln zu besser zahlenden Klubs. Die Verbliebenen rackern, um das fehlende Potenzial auszugleichen. Wie das geht, musste Pagelsdorf mit seinen Hamburgern am Samstagabend erfahren. Seine Elf, spielerisch besser, wurde von den Rostockern mit 1:0 niedergerungen. Markus Arvidsson krönte vier Minuten vor Schluss Hansas aufopferungsvollen Kampf mit einem sehenswerten Tor. Gleich vier Hamburger spielte er aus, bevor er flach an Torwart Hans-Jörg Butt ins Netz schoss.

Auch diesmal war das Rostocker Spiel geprägt von Fehlpässen und Ungenauigkeiten. Der Mannschaft, die eine Woche zuvor in Köln desolat aufgetreten war, war die Unsicherheit in vielen Szenen anzumerken. Klarste Chancen wurden leichtfertig vergeben, etwa als Christian Brand in der 35. Minute allein vor Butt auftauchte, aber am Tor vorbeischoss. Höhepunkt der fehlenden Abstimmung in der ersten Halbzeit war ein "Simultan-Einwurf" zweier Rostocker Spieler. Nur wenige Meter voneinander entfernt warfen beide jeweils einen Ball ins Spielfeld - ohne Blick für den anderen Mann. Trotzdem: Die Rostocker gaben nie auf. Mit wütenden, wenngleich auch unbeholfenen Angriffen drängten sie die Hamburger mehr und mehr in den eigenen Strafraum - und hatten am Ende Erfolg. "Wir sind für unsere Fußballarbeit belohnt worden", meinte Rostocks Torwart Martin Pieckenhagen. Pagelsdorf will den Schlussmann von der Ost- an die Nordsee locken. Ihm fehlen die Kämpfertypen, die ein Spiel herumreißen können. Zu oft in dieser Saison musste der HSV kurz vor Schluss wichtige Punkte abgeben. "Wir haben es nicht geschafft, den Ball in den eigenen Reihen zu halten", bemängelte Pagelsdorf. Mehr wollte er nicht sagen. Zu Fragen nach dem fehlenden Einsatz seiner Elf erklärte er nur: "Dazu sage ich nichts." Seine Hände steckten da schon wieder tief in den Taschen seiner Windjacke.

Pagelsdorf vermisst Malocher. Bei seinen vorherigen Stationen hat er immer Mannschaften trainiert, die sich ihre Siege erarbeiten mussten, Deshalb hat er beim 1. FC Union Berlin und in Rostock Spieler nach spielerischen und charakterlichen Stärken sortiert. Wer ihn menschlich enttäuschte, musste gehen. Wer durch Kampf und Teamgeist beeindruckte, konnte auch später auf Pagelsdorf zählen. Und so ist es kein Zufall, dass der Trainer auch beim HSV nach und nach Spieler sammelt, die er zuvor um sich scharte. Als Rostocker Trainer lotste er mit Marko Rehmer, Sergej Barbarez und Martin Pieckenhagen gleich mehrere Ex-Unioner an die Ostsee. Barbarez folgte Pagelsdorf auch nach Hamburg. "Wir wissen, was wir aneinander haben", sagt der 29-Jährige. Pieckenhagen, der sich im Winter zu seinem möglichen Wechsel zum HSV äußern will, könnte es ähnlich gehen.

Trotz dieser Aussichten für die Zukunft verließ Pagelsdorf missmutig seine alte Arbeitsstätte. Wortkarg und mit einem tief in die Stirn gezogenen Basecap stieg er in den Mannschaftsbus, um seiner alten Heimatstadt den Rücken zu kehren. Immerhin konnte sich der HSV-Trainer mit einem kleinen persönlichen Erfolg trösten. In dem Miethaus, das er in Rostock-Warnemünde besitzt, vermietete er eine neue Wohnung. Neuer Mieter des Apartments ist - ausgerechnet Hansa-Trainer Friedhelm Funkel.

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