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Sport: Harter Softie

Die meisten Vereine in der Bundesliga sind ziemlich phantasielos bei der Festlegung ihrer Ziele. Der Meisterschaft, dem Uefa-Cup-Einzug oder dem Klassenerhalt hecheln sie hinterher.

Die meisten Vereine in der Bundesliga sind ziemlich phantasielos bei der Festlegung ihrer Ziele. Der Meisterschaft, dem Uefa-Cup-Einzug oder dem Klassenerhalt hecheln sie hinterher. Der TSV 1860 München weicht ab von derart gewöhnlichen Absichten. "Die Plätze sieben, acht, neun werden so die Ziele sein, die wir anstreben", sagt Präsident Karl-Heinz Wildmoser. In den UI-Cup will er also. Doch das wäre Wildmoser zu plump gedacht. Ein defizitäres Geschäft sei das. Nein, sieben, acht oder neuen, das seien ja auch so schöne Plätze. Man ist ja kein "Großverein", wie Wildmoser die elitäre Konkurrenz oft ein wenig ehrfürchtig nennt. Es scheint, als geizten die Münchner ein wenig mit Ehrgeiz.

Gemessen am eigenen Maßstab sind sie vor dem heutigen Heimspiel gegen Hertha BSC voll im Geschäft. Platz acht belegen sie derzeit, Silber sozusagen. Ein nicht unerheblicher Anteil daran ist Peter Pacult zuzuschreiben, der bis Oktober noch als Kotrainer auf der Bank saß. Nun sitzt er immer noch auf der Bank, der Unterschied aber ist, dass vor ihm nicht mehr Werner Lorant rumfuchtelt. Pacult verzichtet auf Inszenierungen, wie sie unter Lorant üblich waren. Seinem Team scheint es zu bekommen. 22 Punkte hat 1860 in den 13 Spielen unter Pacults Regie geholt.

Der neue Cheftrainer hat das Wiener Schmäh und die Gelassenheit salonfähig gemacht. Der Salon bei 1860 heißt Löwenstüberl. Dort kam Lorant bis zu seiner Entlassung, gepeitscht von Koffein und Nikotin, in kurzen Abständen zur Eruption, und nun sitzt da einer, der die Lockerheit zurückgebracht hat zu den 60ern. Den Trainingsplatz, auf dem Lorant einst jedes Lächeln ahndete, hat er zur Spaßzone erklärt und sich kürzlich ernsthaft gesorgt, als es ihm dort zu leise erschien. Auch Wildmoser schätzt den neuen Umgang. "Mit Pacult kann man reden. Das konnte man mit Werner Lorant zwar auch, aber er hat dann doch gemacht, was er will."

Auch die Mannschaft hat die Wiederkehr der guten Laune auf dem Trainingsplatz größtenteils mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen. "Seit dem Trainerwechsel hat sich alles zum Positiven verändert", sagt Harald Cerny. Nicht alle haben so euphorisch wie der Kapitän reagiert. Weil Pacult seine Milde nicht nach dem Gießkannenprinzip einsetzt, sondern hier und da sehr wohl dosiert. Als erster bekam das Gerald Vanenburg zu spüren, anfangs Pacults Assistent, bis er früh entnervt aufgab, nachdem der Österreicher allzu häufig an die ungleiche Machtverteilung erinnert hatte. Daniel Bierofka, dem Lorant stets Artenschutz gewährte, hat sein Jungstar-Privileg verloren. Er wechselt voraussichtlich nach Leverkusen.

Schlimmer noch erging es Erik Mykland und Ned Zelic. Während der Norweger ziemlich abrupt ausgebootet wurde, gewährte Pacult dem früheren Kapitän Zelic erst gar keine neue Chance. Wildmoser hat Verständnis dafür, dass Pacult munter zwischen Softie und Hardliner hin- und herwechselt: "Peter hat ein großes Vorbild, das heißt Ernst Happel, und der war auch kein Weichei." Auch Pacult lässt sich ungern dieser Kategorie zuordnen. Als Angela Häßler, Noch-Frau und Managerin von Thomas Häßler, die Vertragsverhandlungen etwas übereifrig vorantreiben wollte, sagte er: "Im Fußball sollte sie nicht mitreden. Da gehört die Frau an den Herd." Immerhin hat Häßler nun verlängert, um ein Jahr. Vermutlich kommt es 1860 noch zugute. Im Kampf um die Plätze sieben, acht oder neun.

Daniel Pontzen

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