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Hertha BSC: Der längste Transfer

Das Tauziehen hat ein Ende: Nach einem halben Jahr gibt der FC Zürich seinen Stürmer Raffael für Hertha BSC frei.

Dieter Hoeneß hat gestern vermutlich noch ein wenig häufiger telefoniert, als er es ohnehin schon tut. Der Manager von Hertha BSC hatte Geburtstag, und zu den vielen Gratulanten zählte auch René Strittmatter. Der Verwaltungsratschef des FC Zürich hat gestern sogar mehrmals mit Hoeneß gesprochen. Es ging um die letzten Details in der Personalie Raffael de Araujo. Am Nachmittag dann endete der vermutlich längste Transfer in Herthas Vereinsgeschichte. Auf seiner Internetseite gab der FC Zürich bekannt, dass sich beide Klubs auf einen sofortigen Wechsel des 22 Jahre alten Brasilianers verständigt haben. Hertha BSC wollte den Vollzug bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht bestätigen. Demnach ist auch noch unklar, wann Raffael ins Trainingslager des Berliner Fußball-Bundesligisten reist. Seit gestern bereitet sich die Mannschaft auf Teneriffa auf die Rückrunde vor.

Nach Auskunft des FC Zürich war Raffael bereits gestern zur medizinischen Untersuchung in Berlin. Strittmatter sprach von einem Ergebnis, das für alle Seiten zufriedenstellend sei. Hertha wird wohl etwas mehr als vier Millionen Euro sofort überweisen, bei entsprechenden Erfolgen ist eine Nachzahlung fällig. Strittmatter sagte dem Tagesspiegel, dass als Gesamtpaket „ein zweistelliger Millionenbetrag in unserer Währung“ fällig werde. Das sind etwa sechs Millionen Euro.

Hertha BSC hatte sich schon im Sommer vehement um den Brasilianer bemüht, der beim FC Zürich noch einen Vertrag bis Juni 2011 hatte. Damals ohne Erfolg. Die Schweizer wollten Raffael nicht gehen lassen. „Er ist unser bester Mann“, sagt René Strittmatter. „Er war fast schon ein Star.“ Obwohl die Berliner im Sommer für 3,5 Millionen Euro Raffaels Landsmann André Lima verpflichteten (zehn Spiele, ein Tor), ist ihr Interesse an Zürichs Stürmer nie abgekühlt. Vor allem Trainer Lucien Favre, der im Sommer vom FC Zürich zu Hertha gekommen ist, hat sich immer wieder für einen Transfer Raffaels ausgesprochen.

Der quirlige und ballsichere Stürmer hat in Zürich für Favres System eine Schlüsselrolle gespielt. Er holte Raffael im Sommer 2005 vom FC Chiasso zum FC Zürich, im selben Spieljahr wurde er mit der Mannschaft zum ersten Mal Schweizer Meister. Der Brasilianer hat in 77 Ligaspielen 39 Tore erzielt. Raffael selbst, nur 1,74 Meter groß und 69 Kilogramm schwer, hat seine technischen Fähigkeiten als seine Stärke bezeichnet, seinen Beitrag zur Defensivarbeit als Schwachpunkt. „Er hat uns viel gegeben“, sagt Streitmatter. „Deshalb wollten wir ihm keine Steine in den Weg legen.“

Raffael hatte mit seinem Berater zuletzt nachdrücklich für einen Wechsel zu Hertha BSC und seinem Mentor Lucien Favre gekämpft. René Strittmatter traut dem Brasilianer zu, dass er sich auch in der Bundesliga durchsetzt: „Er kann der neue Star bei Hertha BSC werden.“ Andere sind in dieser Hinsicht skeptischer. Ein Kenner des Schweizer Fußballs zweifelt, ob Hertha und die Bundesliga wirklich die richtige Umgebung für Raffael sind. Mit seinen Anlagen und den körperlichen Voraussetzungen wäre der Brasilianer in einer spielstärkeren Liga besser aufgehoben.

Der kleine Brasilianer ist alles andere als ein Führungsspieler, er gilt als sensibel. Vor allem wenn das Spiel hart und körperbetont wird, bekommt Raffael Probleme. In der Schweizer Liga war er eine große Nummer, in den Europacupspielen mit dem FC Zürich aber war von ihm so gut wie nichts zu sehen. In sechs Uefa- Cup-Begegnungen erzielte Raffael nur ein Elfmetertor für seinen Klub. Kurz vor Weihnachten unterlag der Schweizer Meister einer besseren B-Mannschaft von Bayer Leverkusen 0:5.

Raffael ist nach Trainer Lucien Favre, dessen Assistent Harald Gämperle und Innenverteidiger Steve von Bergen die vierte Verpflichtung Herthas, die vom FC Zürich kommt. Die Transfertätigkeit der Berliner soll damit aber noch nicht abgeschlossen sein. Auf Herthas Wunschliste steht noch ein spielstarker Mittelfeldspieler und ein Mann für die Abwehr. Eines zumindest müssten die Berliner gelernt haben: dass man manchmal nur mit viel Geduld zum Erfolg kommt.

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