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Sport: Hertha BSC: "Ich bin der beste zwölfte Mann" - Andreas Neuendorf im Gespräch

Andreas Neuendorf (25) pendelt seit ein paar Jahren zwischen Berlin und Leverkusen. 1997 lieh ihn Hertha von Bayer aus, im vergangenen Jahr kehrte er zurück, ab der kommenden Saison spielt er wieder bei Hertha.

Andreas Neuendorf (25) pendelt seit ein paar Jahren zwischen Berlin und Leverkusen. 1997 lieh ihn Hertha von Bayer aus, im vergangenen Jahr kehrte er zurück, ab der kommenden Saison spielt er wieder bei Hertha.

Schlechte Stimmung in Leverkusen, Herr Neuendorf?

Nein. Dafür, dass für Bayer der Meisterschaftszug abgefahren ist, ist die Stimmung erstaunlich gut. Also, wenn ich meinen großen Traum verspielt hätte, wäre ich gefrustet. Aber hier gehen alle sehr locker damit um, vermutlich deswegen, weil niemand so recht daran geglaubt hatte.

Bayer will zumindest die Qualifikation zur Champions League schaffen. Ihr künftiger Verein Hertha BSC will selbst rein und muss daher Leverkusen schlagen. Am Sonnabend kommt es in Berlin zum Showdown.

Für beide wird es das Spiel des Jahres werden. Noch verdiene ich bei Bayer mein Geld und möchte meinen Anteil an der Prämie für die Champions League schon ganz gern mitnehmen. Andererseits möchte ich in der kommenden Saison mit Hertha in der Champions League spielen.

In der Rückrunde waren Sie lange Zeit verletzt. Ihr Anteil an der Prämie dürfte daher nicht allzu üppig ausfallen.

Sicherlich wird der nicht so hoch sein wie für die Leute, die alle Spiele mitgemacht haben. Ich war bei sieben oder acht dabei. Die Prämie ist der einzige Grund, warum ich für Bayer sein könnte. Natürlich ist mir wichtiger, was in der kommenden Saison sein wird. Theoretisch können es ja beide noch schaffen. Am besten wäre, Hertha wird Dritter und Leverkusen Vierter.

Haben Sie schon den Möbelwagen bestellt?

Der Umzug nach Berlin ist längst über die Bühne gegangen. Meine Frau wohnt schon wieder in unserem Haus in Seeburg, westlich von Berlin. Das hatte ich für ein Jahr untervermietet.

An wen?

Betriebsgeheimnis. Quatsch. Der Petri Liimatainen von den Berlin Capitals war solange drin. Der hat seinen Vertrag verlängert und wohnt jetzt im Nebenhaus. Ich bin in Leverkusen für paar Tage ins Hotel gezogen.

Die Wohnung ist schon aufgelöst - es war also ein verlorenes Jahr in Leverkusen.

So pauschal kann ich das nicht sagen. Bis zum Abgang des Christoph Daum hätte ich das bejahen müssen. Doch dann habe ich interessante Leute kennen gelernt, Berti Vogts, Toni Schumacher, Wolfgang Rolff oder Pierre Littbarski. Ich habe eine Menge gelernt im Umgang mit Menschen. Alles andere können Sie streichen.

Sie hatten nicht unbedingt ein herzliches Verhältnis zu Daum. Seinetwegen hatten Sie Leverkusen vor vier Jahren schon mal verlassen und sind an Hertha ausgeliehen worden. Sie mussten für ein Jahr noch einmal zurück zu Daum. Und dann erlebten Sie plötzlich seinen Abgang.

Eigentlich nicht, denn ich wurde ja eher gegangen.

Das müssen Sie uns erklären.

Vier Tage, bevor Daum über die Kokain-Affäre stolperte, hatte er mich suspendiert. Er wollte nicht, dass ich seinen Abgang miterlebe. Nein: Er suspendierte mich wegen einiger Aussagen. Ich habe ihn einen Selbstdarsteller genannt, einen, der sich nach einem Sieg vor die Mannschaft stellt, aber nach Niederlagen hinter ihr versteckt.

Es ist wohl nicht der schlechteste Zeitpunkt, Leverkusen zu verlassen.

Dem will ich nicht widersprechen. Aber selbst wenn Leverkusen noch Meister werden könnte, würde ich nicht anders darüber denken. Vor der Saison habe ich schon gesagt, dass ich lieber bei Hertha geblieben wäre. Und das, obwohl damals Leverkusen als Titelanwärter galt und in der Champions League spielte.

Freuen Sie sich schon auf eine überschaubare Trainer-Struktur bei Hertha?

Sie meinen weil wir in Leverkusen gleich vier haben? Also, so dramatisch ist das hier gar nicht. Schumacher ist Torwarttrainer, Rolff Konditionstrainer, Littbarski ist klassischer Ko- und Vogts der Cheftrainer. Diese Aufteilung gibt es überall. Bei Hertha sitzen mit Enver Maric und Nello di Martino gleich zwei Torwarttrainer mit auf der Bank. Hier wird das aber anders beguckt.

Vogts soll in Leverkusen einen schönen Spitznamen bekommen haben. Verraten Sie uns den?

Zum Thema Online Spezial: Hertha BSC Bundesliga aktuell: Ergebnisse und Tabellen Tipp-Spiel: Wer wird Deutscher Meister? Dasselbe hat mich neulich schon der Ulf Kirsten gefragt. Für die Spitznamen bin ich hier nämlich zuständig. Wenn es einen richtigen gäbe, wüsste ich den. Ich weiß aber was anderes. Der Daum wurde hier immer überhöht. Das Gegenteil passiert mit Vogts. Von ihm war ich aber positiv überrascht. Der passte so gar nicht ins Bild, das einem die Öffentlichkeit malte. Er ist lange nicht so humorlos und einseitig. So denken übrigens die meisten Spieler hier. Eigentlich hat hier alles gestimmt. Nur der Erfolg war nicht da.

Die Medien sind mal wieder schuld?

So will ich das nicht sagen. Die Medien pumpen ein wahnsinniges Geld in den Fußball und nehmen sich dafür das Recht heraus, zu beurteilen, was oder wer schlecht ist und was oder wer gut. Sie legen einem einfach Statistiken vor.

Die lügen aber nicht.

Nein, aber das reicht doch nicht. Hätten wir neulich die Bayern geschlagen, wären wir noch im Rennen um die Meisterschaft. Hätte Hertha am Sonntag in Freiburg gewonnen, wären auch sie noch dabei. Manchmal hat das nichts mit Qualität, sondern mit Glück zu tun. Und: Ein Glücksritter ist Berti Vogts bestimmt nicht.

Wird Hertha in der nächsten Saison mehr Glück haben?

Mal sehen. Es sind ja ganz interessante Leute geholt worden. Der Belgier Goor ist einer für die linke, offensive Seite. Und Marcelinho - ich habe mich hier umgehört, bei unseren Brasilianern. Der soll ordentlich spielen, ist sehr antrittsschnell, hat einen guten Fuß und spielt hinter den Spitzen. Beide spielen da, wo ich auch gern spielen würde.

Pech für Sie?

Was heißt Pech. Das wollen wir erst einmal sehen. Fest steht nur, dass ich eine sehr gute Vorbereitung brauche. Ich habe den Vorteil, dass ich überall spielen kann. In der vergangenen Saison habe ich bei Hertha auf sechs oder sieben verschiedenen Positionen gespielt. Trainer Jürgen Röber hat mal gesagt, ich sei sein bester zwölfter Mann.

Ein hübsches Kompliment.

Na ja. Ich will jedenfalls nicht die Nummer 14 oder 15 sein. Ich sage mir nicht: So, jetzt bist du wieder in Berlin, wo du geboren bist, nun sei glücklich.

Schlechte Stimmung in Leverkusen[Herr Neuendorf?]

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