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Fototermin für Herthas neues Team.

© dpa

Hertha BSC: Neuer Trainer, große Hoffnungen

Am 20. August startet nicht nur die Bundesliga, sondern auch die Zweite Liga. Alles andere als der direkte Wiederaufstieg wäre für die Fans von Hertha BSC eine riesige Enttäuschung. Wir zeigen die Stärken, Schwächen und Marotten der Mannschaft.

Was hat sich verbessert?

Die Stimmung. Berlin hat wieder Bock auf Hertha. „Wir haben es geschafft, dass die Grundstimmung in der Stadt positiv ist“, sagt Manager Michael Preetz. 13 000 Dauerkarten hat der Klub verkauft, zum Saisonstart gegen Oberhausen werden 40 000 Zuschauer erwartet. Allerdings muste für den Stimmungsumschwung erst ein hoher Preis gezahlt werden: der Abstieg aus der Bundesliga, nach 13 Jahren großem Fußball inklusive regelmäßiger Teilnahmen am Europapokal. Die Ereignisse des vergangenen Jahres haben sich wie ein grauer Schleier über all die schönen Erinnerungen gelegt, doch wenn es in der neuen Saison einigermaßen normal läuft, werden Herthas Fans ein wenig für die Qualen entschädigt: Nach nur einem Heimsieg im Abstiegsjahr sollte es in der neuen Saison wieder häufiger etwas zu feiern geben. Der Kader jedenfalls gibt das her. Hertha hat zwar durch die Abgänge von Drobny, Kacar, Cicero und Friedrich an Qualität verloren hat, mit Rob Friend (aus Mönchengladbach), Christian Lell (Bayern München) und Peter Niemeyer (Werder Bremen) ist aber erstligaerfahrener Ersatz gekommen. Der neue Kapitän Andre Mijatovic, Torwart Maikel Aerts und Offensivkraft Nikita Rukavytsya dürften ebenfalls in Herthas erster Elf stehen, die den Namen nach in der Zweiten Liga ihresgleichen sucht. Aber den Namen nach hätte Hertha in der vergangenen Saison auch nicht absteigen dürfen.

Wer sind die Stars?

Das Berliner Offensivspiel steht und fällt mit Raffael. Ohne den Brasilianer fehlen im Angriff die Ideen und Überraschungsmomente. Doch der 25-Jährige ist noch nicht in Form. Dazu droht die Verpflichtung seines Bruders Ronny zum Bumerang zu werden: Ohne sie wäre Raffael wohl nicht zu halten gewesen – doch Ronny ist wegen seiner Laufschwäche bisher ein Fehlgriff und trägt dazu bei, dass Raffael sich immer mehr vom Team abkapselt, weil er sich um seinen fremdelnden kleinen Bruder kümmern muss. Starpotenzial hat auch Adrian Ramos, wenn er a) bleibt, sich b) für die Zweite Liga motivieren kann und c) auf der Position des Linksaußen zurechtfindet. Rob Friend könnte zum Star werden, wenn er Torschützenkönig der Zweiten Liga wird und Hertha in die Bundesliga schießt.

Welche Taktik ist zu erwarten?

Trainer Markus Babbel hat zwar zu Beginn der Vorbereitung angekündigt, dass er verschiedene Systeme ausprobieren wolle, doch mit der Verpflichtung von Rob Friend hat er sich eigentlich schon festgelegt. Der Kanadier, Herthas Königstransfer, ist ein Stoßstürmer, auf den das Spiel regelrecht zugeschnitten werden muss. Friend ist wegen seiner Unbeweglichkeit bitter auf Vorlagen angewiesen. Deshalb gibt es zum 4-2-3-1-System eigentlich keine Alternative. Anstatt in die Mitte zu ziehen und den Abschluss zu suchen, wie es etwa Arjen Robben bei den Bayern tut, sollen die Flügelspieler bei Hertha nach außen schwärmen und Friend von dort mit Flanken versorgen. Weil Babbel in der Zweiten Liga eher defensive Gegner erwartet, muss seine Mannschaft in der Lage sein, selbst gestaltend tätig zu sein und nicht nur zu reagieren. Die Gegner sollen je nach Situation entweder in die Offensive gelockt werden, indem sich Herthas Spieler zurückfallen lassen, oder durch Pressing unter Druck gesetzt werden. In der Vorbereitung hat das noch nicht so geklappt, wie Babbel sich das vorstellt. Dafür stand die Abwehr sicher. Sollten Roman Hubnik oder Andre Mijatovic allerdings ausfallen, könnte die Mannschaft große Probleme bekommen. Christoph Janker, Sebastian Neumann und Kaka stehen als Ersatz für die Innenverteidigung bereit – sind aber keiner.

Wie viel Macht hat der Trainer?

Die Verpflichtung von Markus Babbel war im Mai für Herthas leidende Fans die erste gute Nachricht nach vielen schweren Wochen. Dass sich jemand, der mit etwas Geduld auch einen guten Job in der Bundesliga bekommen hätte, für einen Absteiger entscheidet, war für die Hertha-Anhänger genau das, was es sein sollte: ein Zeichen der Hoffnung. Selten ist ein neuer Trainer so freundlich in Empfang genommen worden. Babbel hat die Vorlage perfekt aufgenommen: Bei seinem ersten Auftritt vor den Fans hat er den Aufstieg mehr oder weniger versprochen, danach konnte er sich gleich – dank schlechter Laktatwerte seiner Spieler – als harter Hund positionieren. So etwas kommt gut an bei den Fans, die nach dem Abstieg vor allem eines nicht mehr ertragen: Spieler, die ihren Job nicht ernst nehmen.

Was erwarten die Fans?

Obwohl Bescheidenheit dem Berliner noch nie als besonders erstrebenswert galt, hat er für die neue Saison eigentlich nur drei Wünsche. Erstens: den Aufstieg. Zweitens: den Aufstieg mit schönem Fußball. Und drittens: den Aufstieg mit schönem Fußball und einer Mannschaft, die aus elf Berliner Jungs besteht. Punkt eins wird sich wohl realisieren lassen. Punkt zwei unter Umständen auch. Punkt drei aber wird allen schönen Ankündigungen von Markus Babbel zum Trotz Utopie bleiben. Zum Saisonstart wird kein einziger Spieler aus dem eigenen Nachwuchs in der Startelf stehen. Wer Berliner für Hertha spielen sehen will, muss sich die U 23 in der Regionalliga anschauen.

Was ist in dieser Saison möglich?

Egal, mit wem man bei Hertha spricht, jeder versichert: Hertha wird aufsteigen. An der Qualität der Mannschaft sollte das Unternehmen nicht scheitern. Das Problem ist: Hertha muss aufsteigen. Ein derart teurer Kader, wie ihn Michael Preetz nach den Vorstellungen von Markus Babbel zusammengestellt hat, wäre in der Zweiten Liga ein weiteres Jahr nicht mehr zu finanzieren. Scheitert die Mannschaft an ihrem großen Ziel, etwa weil sie sich in ihrem neuen Umfeld nicht zurechtfindet, ist das mehr als nur ein ungültiger Versuch: Dann gerät die Zukunft des ganzen Vereins ins Wanken.

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