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© dpa

Hertha BSC: Unter Druck

Weil Hertha BSC auswärts fast immer verliert, muss die Mannschaft zumindest die Heimspiele gewinnen.

Berlin - Es gibt eine gute Nachricht für die Fußballer von Hertha BSC. Auch wenn das Olympiastadion heute wieder einmal nur zur Hälfte gefüllt sein wird – fremdeln in heimischer Umgebung müssen die Berliner Spieler trotzdem nicht. Die Fans von Bayer Leverkusen stehen nicht gerade im Ruf, ihre Mannschaft in Massen zu den Auswärtsspielen zu begleiten. Nicht mal tausend Karten wurden für das heutige Bundesligaspiel im Rheinland abgesetzt. Das ist zwar schlecht für Herthas Finanzen, aber gut für die Mannschaft. Ein gewisses Heimatgefühl scheint nämlich die Leistungsfähigkeit des Berliner Bundesligisten zu fördern. Im Olympiastadion hat Hertha in dieser Saison fünf von sieben Spielen gewonnen, in der virtuellen Heimtabelle liegen die Berliner damit auf einem Uefa-Cup-Platz.

Auswärts ist es fast genau umgekehrt – und da liegt das Problem.

Weil Hertha in der Fremde sechs von sieben Spielen verloren hat, gerät die Mannschaft vor ihren Heimspielen unnötig unter Druck. Auch gegen Leverkusen muss sie heute gewinnen, um weiterhin in dem Zielkorridor zu verbleiben, der für diese Saison angepeilt wird: ein einstelliger Tabellenplatz. Immerhin können Patrick Ebert und Steve von Bergen wohl spielen, dafür ist der Einsatz von Josip Simunic noch fraglich. Eine außerplanmäßige Heimniederlage heute brächte Hertha bereits gefährlich nahe an die Abstiegszone. Wie schnell das gehen kann, haben die Berliner im umgekehrten Fall schon erlebt. Nach ihrem einzigen Auswärtssieg in dieser Saison – beim künftigen Absteiger Duisburg – gewannen sie das folgende Heimspiel gegen Dortmund. Für eine Nacht waren sie anschließend Tabellenführer. Aber das ist lange her.

Gerade in den Auswärtsspielen zeigt sich, dass Hertha noch in der Entwicklungsphase steckt. „Mehr Biss, mehr Selbstvertrauen, mehr Konsequenz im Spiel nach vorne“ würde Manager Dieter Hoeneß auf fremden Plätzen gerne sehen. Trainer Lucien Favre hat es nach der Niederlage in Karlsruhe so ausgedrückt: „Wenn man auswärts gewinnen will, muss man leiden können. Das müssen meine Spieler lernen.“ Die Diskrepanz zwischen Heim- und Auswärtsbilanz gab es bei Hertha auch schon in der vorigen Saison: Nur dass die Mannschaft unter Interimstrainer Karsten Heine alle drei Auswärtsspiele gewann, während die drei Heimspiele allesamt verloren gingen. „Das war einfach Zufall“, sagt Heine. Über die Gründe für die aktuelle Auswärtsschwäche kann auch Hoeneß nur spekulieren, „entscheidend ist, dass sich das ändert. Daran muss man arbeiten.“

Hertha ist nicht die erste Mannschaft, die mit diesem Problem zu kämpfen hat. Bei Borussia Mönchengladbach war die Auswärtsschwäche zwischen Aufstieg 2001 und Abstieg 2007 etwas zwischen Fluch und Running Gag, ein Phänomen, das sich von den handelnden Personen weitgehend losgelöst hatte. „Man muss aufpassen, dass das keine self-fulfilling prophecy wird“, sagt Dieter Hoeneß. Die Ursache wird häufig im Psychologischen verortet – und entsprechend bekämpft: indem man erst am Spieltag anreist, das Hotel oder die Trikots wechselt. Als Thomas Doll 2004 Trainer beim Hamburger SV wurde, wartete die Mannschaft seit einem halben Jahr auf einen Auswärtssieg. Bei seiner ersten Trainingeinheit ließ Doll den Platz mit Fangesängen beschallen, um die Stimmung im Westfalenstadion zu simulieren. Am Wochenende darauf gewann der HSV 2:0 in Dortmund.

Hoeneß will „in das Thema nicht allzu viel hinein interpretieren“. So groß seien die Leistungsunterschiede in den Heim- und Auswärtsspielen gar nicht gewesen. „Wir haben nicht konsequent mit voller Überzeugung gespielt“, sagt Herthas Manager. „Weder auswärts noch zu Hause.“ Nur hätten die Gegner diese Schwächen auf eigenem Platz, mit ihren Fans im Rücken, eher für sich nutzen können. Diese Gefahr besteht heute nicht – gegen 908 Leverkusener Fans im Olympiastadion.

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