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Hier feiern nur wir! Zuletzt drei Mal in Folge, denn da gelangen Hertha Siege im Olympiastadion.

© picture alliance / dpa

Hertha BSC vor dem Spiel gegen Hannover 96: Endlich wieder daheim

Auswärts schwach, zu Hause eine Macht: Die Heimstärke bewahrt Hertha BSC in der Bundesliga bisher vor Schlimmerem. Können die Berliner gegen Hannover 96 ihre Heimserie fortsetzen?

Jos Luhukay hat in der Nacht zum Donnerstag nicht allzu viel Schlaf gefunden. Das hatte allerdings nichts mit dem Spiel seiner Mannschaft und dessen aufwühlender Wirkung zu tun. Der Holländer hat sich am Mittwoch einen kleinen Bildungsurlaub gegönnt und in Amsterdam das Champions-League-Spiel zwischen Ajax und dem FC Barcelona besichtigt. Am nächsten Morgen war der Trainer von Hertha BSC wieder zurück in Berlin, um halb acht landete er in Tegel.

Zurück im Alltag – und der ist für die Berliner Fußballer im Moment eher trist. Platz 13 in der Bundesliga, fünf Punkte Rückstand auf einen Europapokalplatz, drei Vorsprung auf die Abstiegszone. Das ist irgendwie unentschieden, so wie die gesamte Saison bisher schwer zu greifen ist. Gut ist zum Beispiel die Heimbilanz von Hertha BSC. Die jüngsten drei Begegnungen im Olympiastadion hat Luhukays Mannschaft gewonnen. Sollten die Berliner nach dem 1:0 gegen Wolfsburg, dem 3:2 gegen Stuttgart und dem 3:0 gegen den HSV auch gegen Hannover 96 (Freitag 20.30 Uhr) gewinnen, wäre es das erste Mal seit sechs Jahren, dass ihnen vier Heimsiege hintereinander gelängen. Damals siegten sie zwischen dem 8. und dem 24. Spieltag im Olympiastadion sogar zehn Mal am Stück.

Die Berliner könnten also mit großer Zuversicht in das Duell mit Hannover gehen, zumal die 96er in fünf Spielen auf fremdem Platz erst ein einziges Tor erzielt haben. Im Grunde haben die Berliner gar keine andere Wahl, als heute Abend zu gewinnen. Sie haben sich selbst in diese Situation gebracht – durch ihre eklatante Auswärtsschwäche. „Die Diskrepanz ist zu groß“, sagt Jos Luhukay. Hertha BSC. ist mit nur einem Punkt aus fünf Auswärtsspielen die schlechteste Mannschaft der Liga, die Berliner sind sogar der einzige Bundesligist, der in dieser Saison noch kein einziges Mal in der Fremde gewonnen hat.

Bisher konnte Hertha BSC die Auswärtsschwäche mit guten Ergebnissen im Berliner Olympiastadion ausbügeln

Bisher schlägt diese Bilanz des Schreckens noch nicht mit voller Wucht zu Buche. Die Rückschläge in der Fremde hat die Mannschaft bisher zu Hause immer wieder ausbügeln können. Die Heimstärke hat Hertha vor Schlimmerem bewahrt. Aber darauf sollte man sich auf Dauer nicht verlassen. „Wir wollen auch auswärts an Punkte kommen, weil wir nicht alle Heimspiele gewinnen werden“, sagt Trainer Luhukay. Mit jeder Pleite in der Fremde wächst der Druck, zu Hause gewinnen zu müssen. „Druck ist immer da in Berlin“, sagt Herthas Kapitän Fabian Lustenberger. „Der war auch gegen Stuttgart da und gegen Hamburg – da hatten wir auch vorher unsere Spiele verloren.“

Eine schlüssige Begründung für Herthas unterschiedliche Gesichter gibt es nicht. „Das ist schwer zu erklären, das kann man nicht erklären“, sagt Lustenberger. Und auch Manager Michael Preetz spricht von „einer unerklärlichen Diskrepanz zwischen Heim- und Auswärtsspielen“. Trainer Luhukay glaubt, dass die eigenen Fans und ihr positiver Einfluss eine Rolle spielten: „Vielleicht ist die Mannschaft einen Tick mehr fokussiert, ein gutes Ergebnis zu erzielen.“

Wahrscheinlich hat es wirklich etwas mit der Psychologie des Fußballs zu tun, die dazu führt, dass sich Tendenzen quasi durch sich selbst verstärken. So wie Herthas Spieler möglicherweise vor jedem Auswärtsspiel ihre negative Bilanz im Kopf haben, so wächst beim Betreten des Olympiastadions die Zuversicht, dass ihnen gar nichts passieren kann. „Zu Hause sind wir bisher sehr überzeugend aufgetreten, mit der gewissen Selbstverständlichkeit, die ein gutes Heimteam braucht“, sagt Salomon Kalou.

Die Heimstärke und Auswärtsschwäche von Hertha BSC entbehrt einer gewissen Logik

Und trotzdem: Dass Hertha zu Hause so erfolgreich ist und auswärts nichts auf die Reihe bekommt, entbehrt einer gewissen Logik. Von ihrer Ausrichtung her müsste es den Berlinern eigentlich entgegenkommen, auf fremdem Platz zu spielen, wo sie den Hausherren die Initiative überlassen können, um nach Ballverlusten entschlossen zu kontern. Aber Luhukays reine Lehre gilt nicht mehr. Hertha fehlt für diese Art des Fußballs aktuell die defensive Stabilität. Die Schwächen in der Abwehr sind so augenfällig, dass ein Hertha-Mitglied der Vereinsführung Anfang der Woche bei der Veranstaltung „Hertha im Dialog“ die Verpflichtung eines Zweikampftrainers empfahl, der die Mannschaft vier Mal in der Woche zum Spezialtraining bittet.

Es spricht einiges dafür, dass die unterschiedlichen Bilanzen auswärts und zu Hause eher einer Laune der Statistik entspringen. Denn Herthas Heimsiege sind keine typischen Heimsiege, bei denen die Heimmannschaft, angefeuert durch das fanatische Publikum, den Gegner durch schiere Dominanz an die Wand spielt. Bestes Beispiel war die Partie gegen Wolfsburg. Das Olympiastadion war nicht einmal zur Hälfte gefüllt, und am Ende wies die Statistik drei Torschüsse für Hertha aus und gerade mal 30 Prozent Ballbesitz.

Wie man trotz des Bahnstreiks zum Olympiastadion kommt lesen Sie hier.

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