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Szene aus dem Hinspiel: Augsburgs Werner (li.) gegen Herthas Per Skjelbred. In der Rückrunde sind die Erfolgskurve beider Teams weit auseinandergegangen.

© Imago

FC Augsburg - Hertha BSC: Auf der Suche nach Halt

Hertha BSC tritt heute beim FC Augsburg an, der Überraschung der Saison. Berlins Trainer Luhukay lobt den Gegner. Ein Vergleich zweier Mannschaften, die so unterschiedlich sind und sich doch stark ähneln.

Es gibt Lob, das wehtun kann, wenn man es anderen ausspricht. "Sie spielen eine eindrucksvolle Saison", sagt Jos Luhukay über die Fußballer des FC Augsburg, "voller Leidenschaft, eine starke Kollektivleistung." Diese Einschätzung über seinen früheren Klub muss sich bittersüß anfühlen für den Trainer. Denn auf seine aktuelle Mannschaft, Hertha BSC, traf das lange zu, mittlerweile jedoch immer weniger. In den vergangenen Tagen war zu spüren und zu hören, wie es Luhukay wurmt, dass der FCA in der Tabelle vor Hertha steht, vor dem direkten Duell heute in Augsburg (15.30 Uhr). Auch wenn er beteuert: "Ich gönne ihnen das."

Der Niederländer war vor zwei Jahren nicht im Frieden aus Augsburg geschieden, aber vor allem hat der FCA geschafft, was Hertha misslungen ist: einer unerwartet starken Hinrunde eine starke Rückrunde folgen zu lassen. Augsburg ist jetzt die alleinige Überraschungself der Bundesliga. In den Gründen für den Erfolg der einen spiegelt sich der Absturz der anderen in der Rückrunde wider.

AUSGANGSLAGE: Beide gingen mit ähnlich hohem Personaletat in die Saison, beide mit dem Ziel Klassenerhalt. Hertha machte sich aber Hoffnungen, die Augsburger in der Fernsehtabelle zu überflügeln, das hätte eine Million Euro Mehreinnahmen bedeutet. Beide praktizieren einen ähnlichen Spielstil, mit schnellem Umschaltspiel aus einer stabilen Defensive heraus, einhergehend mit guter Ballbehandlung. Bis zur Winterpause klappte das bei beiden, bei Hertha etwas besser. Die Berliner waren Tabellensechster nach der Hinrunde, die Augsburger Achter. Diesen Platz belegen die bayerischen Schwaben auch im Rückrundenranking, in dem Hertha auf den letzten Platz gestürzt ist. Die Europapokalträume wurden in Berlin Mitte März aufgegeben, in Augsburg hoffen sie noch auf die Qualifikation für die Europa League, für die auch Platz sieben reicht.

FLÜGELSPIEL: Dort haben die Augsburger ihre Stärken. Die offensiven Außenspieler André Hahn und Tobias Werner waren an 34 der 41 Augsburger Treffer mit Toren oder Vorlagen beteiligt. Sie werden gut abgesichert von Kapitän Paul Verhaegh und Matthias Ostrzolek, dem Interesse aus Berlin nachgesagt wird. Bei Hertha hat Luhukay immer noch nicht seine Idealbesetzung gefunden auf den Flügeln, die ihm zu wenig Torvorlagen geben. Außer Per Skjelbred, der oft in der Mitte spielte, hat kein Flügelspieler mehr als drei Assists beigesteuert. Auch die defensive Sicherung der Außenbahn funktionierte zuletzt nicht mehr wie in der Hinrunde

AUSGEGLICHENHEIT: Luhukay lobt nicht umsonst das Augsburger Kollektiv. Selbst die Spieler, die herausragen, teilen sich die Aufgaben. In Hahn (zehn Tore), Werner (9) und Halil Altintop (8) besitzt Augsburg eine torgefährliche offensive Mittelfeldreihe, ein treffsicherer Stürmer scheint da entbehrlich. Bei Hertha beklagte Luhukay oft die Abhängigkeit von einem solchen, von Adrian Ramos (16), der auch gegen Augsburg ausfällt. Der zweitgefährlichste Spieler Sami Allagui (8) hat in der Rückrunde erst zweimal getroffen, die übrigen Berliner entwickeln kaum Torgefahr. Ausfälle durch Verletzungen und Sperren konnten im Aufstiegsjahr und in der Hinrunde Ersatzspieler ausgleichen, die jedoch in der Rückrunde teils Zweifel an ihrer Bundesligatauglichkeit aufkommen ließen. Der verletzte Abwehrchef Fabian Lustenberger wurde umso mehr vermisst.

FORM: Die Augsburger haben nur eines ihrer letzten sechs Bundesligaspiele gewonnen, das immerhin gegen den FC Bayern, auch wenn die Münchner meistermüde waren. Doch Formschwächen wie beim künftigen Mönchengladbacher Hahn (seit sieben Spielen ohne Tor) fingen andere auf wie Werner (vier Treffer in den letzten fünf Einsätzen). Bei Hertha konnten Spieler wie Johannes van den Bergh, Per Skjelbred oder Hajime Hosogai das hohe Niveau der Hinrunde nicht halten, wirkten teilweise überspielt, doch es fehlt an Ersatz. Das schnell erreichte Muss-Ziel, der Klassenerhalt, und das verpasste Kann-Ziel, der Europapokal, schienen die Spieler nicht anzustacheln.

KONTINUITÄT: Augsburgs Trainer Markus Weinzierl gilt als jemand, der seine Aufstellung nur selten mehr ändert, als er muss, auch wenn er im Spiel oft die Formation variiert. Jos Luhukay wechselte zuletzt erfolglos, brachte Spieler von der Tribüne in die Startelf und umgekehrt. Nur einmal durfte die Elf der Vorwoche aufs Feld. In den vergangenen fünf Spielen fanden sich jedes Mal mindestens vier Neue in der Startformation wieder, das gab es in der Hinrunde nur einmal. Die Wechsel waren nicht alle durch Verletzungen, Sperren und Belastung zwingend und sie gaben den Spielern nicht mehr Sicherheit. Hoffnung verspricht, dass Kapitän Fabian Lustenberger nach wochenlangem Ausfall in den Kader zurückkehrt.

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