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Kontaktfreudig. Tunay Torun (oben) hat sich in nur fünf Wochen in Herthas Mannschaft gespielt.

© dpa

Hertha vor dem Pokalspiel: Die Neuzugänge kommen gut an

Mit den Zugängen des Sommers hat Trainer Markus Babbel bei Hertha BSC den Konkurrenzkampf erhöht. Im Pokalspiel in Meuselwitz werden zunächst aber nur zwei der vier Neuen zum Einsatz kommen

Das Tauschen von Trikots hat im professionellen Fußball nicht nur exzessive Ausmaße angenommen; es ist auch ein verlässlicher Indikator für den Wert eines Fußballers. Weltstars wie Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo werden selbst bei Begegnungen in der Champions League schon in der Pause um ihre Trikots angegangen, und meistens haben sie zur Befriedigung der Nachfrage einen ganzen Stapel an Hemden vorrätig. Insofern war es für Ronaldo, den Offensivspieler von Real Madrid, eine ganz neue Erfahrung, die er in dieser Woche in Berlin gemacht haben soll. Nach dem Test gegen Hertha BSC habe der Portugiese mit Tunay Torun das Trikot tauschen wollen, berichtete Patrick Ebert, „aber Tunay wollte nicht“.

Natürlich war das ein Witz. Kein Witz ist hingegen, dass Tunay Torun, Herthas Neuzugang vom Hamburger SV, seit seiner Verpflichtung erheblich an Bedeutung zugelegt hat. Der 21-Jährige galt eigentlich als eine Art Back-up für die diversen Positionen in der Offensive. Nach fünf Wochen Vorbereitung ist der Türke jedoch weit mehr als eine Sicherungskopie. Trainer Markus Babbel widerspricht der Einschätzung, dass Torun eher mittel- denn kurzfristig für die Stammelf vorgesehen war: „Den habe ich schon eingeplant. Von ihm erhoffe ich mir einiges.“

Beim Berliner Bundesliga-Aufsteiger wird nur gut über den türkischen Nationalspieler gesprochen. „Er bringt unglaublich viel Spielkultur mit“, sagt Babbel. Gegen Real konnte Torun diese Einschätzung punktuell belegen. Der junge Mann zeigte wenig Scheu vor großen Namen, er lauerte auf seine Chance und suchte entschlossen den Weg zum Tor. Torun, so sagt sein Trainer, sei keiner, „der um den heißen Brei herumspielt“.

Vier Spieler haben die Berliner im Sommer verpflichtet, zwei von ihnen werden heute im ersten Pflichtspiel der Saison, im Pokal beim Regionalligisten Meuselwitz, in der Startelf stehen: neben Torun ist das Andreas Ottl. Normalerweise hätten auch Maik Franz und Thomas Kraft gespielt. Doch während Franz wegen eines Blutergusses im Oberschenkel ausfällt, zog sich Kraft beim Abschlusstraining nach einem Zusammenprall mit Torun eine Kapselverletzung im Sprunggelenk zu.

Herthas Manager Michael Preetz findet, dass er mit den Verpflichtungen des Sommers zufrieden sein könne: „Alle vier sind sehr gut integriert, und wir sind überzeugt, dass sie uns sportlich weiterbringen.“ Fürs Erste erfüllen sie auf jeden Fall den Zweck, den Konkurrenzdruck innerhalb des Kaders zu erhöhen. Tunay Torun zum Beispiel hat es in fünf Wochen geschafft, die Position des Brasilianers Raffael bedenklich ins Wanken zu bringen. In Meuselwitz fehlt Raffael wegen seiner Rotsperre aus dem Vorjahr ohnehin; doch dass er zum Ligastart gegen Nürnberg eine Woche später automatisch in die Startelf zurückkehrt, ist keineswegs sicher. „Ich habe mir einfach vorgenommen, vom ersten Tag an Gas zu geben“, sagt Torun. „Das zahlt sich jetzt aus.“

Nirgendwo ist der Konkurrenzkampf so spannend wie im defensiven Mittelfeld. Drei nahezu gleichwertige Kandidaten – Ottl, Peter Niemeyer und Fabian Lustenberger – bewerben sich um zwei Plätze, hinzu kommt mit Fanolj Perdedaj, 20, noch ein junger, hungriger Herausforderer. „Das ist nur positiv und gut“, sagt Ottl. „Wir spornen uns gegenseitig an.“

Im Moment sieht es so aus, als gelte es nur noch die Frage zu klären, wer von den beiden Alten den Platz neben dem Neuen aus München einnehmen darf: Lustenberger oder Niemeyer? Ottl hat sich „schnell Respekt verschafft“, sagt Babbel. „Man sieht, dass er mit sehr guten Spielern zusammengearbeitet hat.“ Gegen Madrid spielte er erstmals an der Seite von Lustenberger, technisch ist das die anspruchvollste Zweierkombination, die sich aus den Kandidaten bilden lässt; doch Babbel vermisste in den entscheidenden Momenten die kämpferische Komponente, für die vor allem Niemeyer steht. Dass dieser im prominentesten Test des Sommers nur auf der Bank saß, wurde vom Berliner Boulevard bereits als Vorstufe zur Degradierung mit gefährlichem Konfliktpotenzial gedeutet. Babbel jedoch gedenkt das Problem dadurch zu lösen, dass er das Prinzip Stammspieler abschafft. „Es wird kein Pärchen geben, das die komplette Saison durchspielt“, sagt er über die Situation im defensiven Mittelfeld.

Babbel weiß, dass verschärfte Rotation bei den Spielern nicht unbedingt auf helle Begeisterung trifft. „Mich hat das früher auch angekotzt, weil ich mich natürlich für unverzichtbar gehalten habe“, sagt er, und noch beim VfB Stuttgart stieß Babbel als Trainer mit seiner Idee vom stetigen Wechsel auf heftige Vorbehalte, die letztlich zu seinem frühen Scheitern beigetragen haben. Bei Hertha erwartet Babbel mehr Verständnis für seine Persolnalpolitik: „Die Spieler werden doch immer intelligenter. Die haben ja alle Abitur.“

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