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Lucien Favre

© ddp

Hertha: Flucht in die Zukunft

Die brasilianisch-schweizerische Mannschafts-Mischung von Trainer Lucien Favre überzeugte bislang kaum. Auch deshalb gibt sich die Hertha vor dem Spiel in Bremen vorsichtig.

Die Sonne scheint am Klubgelände von Hertha BSC unweit des Olympiastadions. Lucien Favre blinzelt mit den Augen, lächelt und holt mit seinen Armen zu einer ausführlichen Ruderbewegung aus. Es soll wieder nach vorne gehen bei Hertha, will der Trainer des Berliner Fußball-Bundesligisten demonstrierend suggerieren. „So wie damals beim FC Zürich“, sagt Favre. Da hat er zweimal den Meistertitel gewonnen. Ja, in der Schweiz, da ließ er seine Mannschaften zaubern. Auch bei Hertha hat Favre ein Team nach seinen Vorstellungen modelliert. Doch nach neun Spieltagen, nach drei Partien ohne Sieg und vor dem schweren Auswärtsspiel am Sonnabend bei Werder Bremen (15.30 Uhr) überzeugt seine brasilianisch-schweizerische Mischung kaum: Von den Brasilianern ist Lucio bis Saisonende verletzt, André Lima schwach, Mineiro oft Ersatz und der Schweizer Fabian Lustenberger sei „noch zu jung“, sagt der Trainer. Bis auf Gilberto und den Schweizer Steve von Bergen haut da wenig hin, oder? Lucien Favre rudert zurück. „Ja, ja, ja“, er wisse es doch. „Aber ich arbeite hier so, als ob ich für zehn Jahre hier arbeite.“ Und er arbeite doch hart an der Gestaltung eines Teams mit Perspektive, führe bei Hertha „interessante Gespräche“.

Des Trainers Flucht in die Zukunft ist nachvollziehbar, denn die Gegenwart bei Hertha ist vor dem Spiel in Bremen zum Flüchten: Gilberto und Mineiro waren zwei Spiele lang für ihre Nationalmannschaft im Einsatz und sollen erst heute um 12 Uhr, aus Brasilien kommend, in Berlin landen. „Mit Jetlag“, fürchtet Favre. „Das ist natürlich keine ideale Vorbereitung auf Bremen.“ Manager Dieter Hoeneß beschwichtigt. „Die Brasilianer sind das gewohnt“, sagt er. Und schließlich habe am Sonnabend auch der Gegner damit zu leben, dass Naldo und Diego für Brasilien im Einsatz waren. Stimmt – nicht so ganz, denn die beiden Bremer Brasilianer waren nur zuschauender Ersatz in der Auswahl. Zusätzlich für Irritation sorgt bei Hertha, dass Gilberto angeblich seine Reise wegen eines Todesfalls in der Familie verschieben will. Hoeneß ist über das Gerücht erstaunt. „Dazu haben wir keinerlei Informationen“, sagt er.

Mit der Aufstellung für das Spiel in Bremen wird sich Favre naturgemäß erst heute beschäftigen, nachdem alle seine Nationalspieler zurückgekehrt sind. „Das muss man in Kauf nehmen, wenn man Nationalspieler hat“, sagt Hoeneß. Fast wirken sie bei Hertha schon so, als sehnten sie in ihrer kleinen sportlichen Krise jetzt, acht Spieltage zu früh, die Winterpause herbei. Favre referiert lieber über die Zukunft als über die Gegenwart, und Hoeneß spricht schon jetzt vom Transferschluss im Januar. „Durch die Verletzung von Lucio ist ein neuer Aspekt hinzugekommen“, sagt der Manager. Bis zum Trainingsauftakt nach der Winterpause werde man „Lösungen gefunden haben“. Ob die „Lösungen“, die neuen Spieler, aus Brasilien oder der Schweiz kommen, das wollte Hoeneß nicht verraten. „Wir nennen hier doch keine Namen.“

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