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© City-Press

Hertha in der Europa League: Gojko Kacar: Einer wie keiner

Gojko Kacar soll Hertha BSC zumindest in der Europa League aus der Krise helfen. Doch er hat selbst eine.

Gespielt wird gegen Lissabon, aber zu lesen war in den vergangenen Tagen viel über Florenz oder Turin. Begüterte Fußball-Standorte, die angeblich großes Interesse daran hatten, Gojko Kacar sportliches Asyl zu gewähren, weit weg von den Problemen in Berlin. Friedhelm Funkel mag sich gefragt haben, ob die Späher aus der Serie A wirklich den Gojko Kacar meinten, der unter ihm bei Hertha BSC trainiert. Den Gojko Kacar, der ihm in den vergangenen Wochen oft nicht gut genug war für einen Stammplatz beim Tabellenletzten der Fußball-Bundesliga.

Milan Kacar, in Personalunion Manager und Onkel des serbischen Nationalspielers, verfügt offensichtlich über exzellente Kontakte zum italienischen Gerüchtebasar. Hilft alles nichts. Kacar wird seinen Vertrag in Berlin erfüllen müssen, zumindest bis zum Ende dieser Saison. Am Mittwoch darf er sich im letzten Gruppenspiel der Europa League gegen Sporting Lissabon (19 Uhr, Olympiastadion) mal wieder auf internationaler Bühne präsentieren.

Es steht einiges auf dem Spiel, für Hertha BSC und Gojko Kacar. Dem traditionell klammen Klub reicht ein Unentschieden gegen die bereits qualifizierten Portugiesen, um die mit Einnahmen in Millionenhöhe garnierte nächste Runde zu erreichen. Und Kacar muss unbedingt auf hohem Niveau spielen. Nur ein Stammplatz in Berlin verschafft ihm eine angemessene Perspektive für die Weltmeisterschaft in Südafrika. Serbiens Trainer Radomir Antic schätzt seine Dynamik und Schussstärke, aber er hat auch seine Verletzungsanfälligkeit registriert. In den vier WM-Qualifikationsspielen dieser Saison hat Antic den Berliner nur einmal über 90 Minuten auf dem Platz gelassen. Beim bedeutungslosen 1:2 Mitte Oktober gegen Litauen.

„Wenn Gojko zur WM will, muss er hier Leistung bringen“, sagt Friedhelm Funkel. Der Trainer hat seine 22 Jahre alte Mittelfeldbegabung zuletzt ungewöhnlich laut kritisiert. Er hält ihn für taktisch zu undiszipliniert, und im offensiven Mittelfeld mag er ihn schon gar nicht sehen. Vor zehn Tagen ließ er Kacar beim 0:2 in Schalke nicht mal mitspielen, bei den Gastspielen in Stuttgart und Riga reichte es nur für Kurzeinsätze. Am Freitag durfte Kacar beim 2:2 gegen Bayer Leverkusen mal wieder von Anfang an auflaufen. Er erarbeitete sich ein paar Fleißpunkte, trug aber kaum etwas zur Gestaltung des Spiels bei und flog dann auch noch zu Unrecht vom Platz.

Nein, es läuft nicht besonders gut für den Mann, den vor einem halben Jahr noch angeblich die halbe Bundesliga jagte. Sein letztes großes Spiel liegt bald vier Monate zurück. Das war Ende August, als Gojko Kacar beim 3:1 über Bröndby Kopenhagen jene zwei Tore erzielte, die Hertha den Einzug in die Europa League bescherten. Kacars Sternstunde versetzte den Verein in die Lage, im Vorgriff auf internationale Einnahmen den Kolumbianer Adrian Ramos zu verpflichten. Dessen Tore stehen in diesen Tagen für Herthas bescheidene Hoffnung, es könne vielleicht doch noch etwas werden mit der Verlängerung des Berliner Bundesliga-Abonnements.

Aber ein Ramos allein wird es auch nicht richten können. Hertha muss zur Rückrunde nachbessern, und in angemessenem Maße wird das nur mit zusätzlichen Einnahmen aus dem internationalen Geschäft funktionieren. Neben dem Leverkusener Theofanis Gekas möchte Trainer Funkel noch zwei weitere Spieler holen. Ein Punkt am Mittwoch gegen Sporting Lissabon könnte gut eine Million Euro wert sein.

Es fügt sich nicht so gut, dass am Mittwoch neben dem immer noch verletzten Kapitän Arne Friedrich auch Herthas mit Abstand bester Fußballspieler fehlen wird. Der Brasilianer Raffael ist nach seinem Platzverweis vor zwei Wochen in Riga automatisch gesperrt. Es findet sich im Berliner Kader kein einziger, der Raffael ersetzen könnte mit seinem Talent für die wenigen besonderen Momente im Spiel.

Vor ein paar Monaten noch hatten sie bei Hertha BSC gehofft, Gojko Kacar könne hineinwachsen in diese Rolle. Der aber scheint in diesem grauen Spätherbst vor allem mit sich selbst beschäftigt zu sein. Seit dem glanzvollen Abend Ende August gegen Bröndby hat er kein Tor mehr geschossen, und an ein großes Spiel von ihm kann man sich auch nicht erinnern. Herthas Krise ist auch Gojko Kacars Krise.

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