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© dpa

Sport: Hertha ist noch da

Beim 5:1-Sieg in Wolfsburg zeigen die Berliner das, was niemand mehr für möglich gehalten hat

Geht da doch noch etwas im Kampf gegen den Abstieg? Bleibt Berlin der Fußball-Bundesliga vielleicht doch über den Mai hinaus erhalten? Hertha BSC hat am Sonntag ein eindrucksvolles Signal gesetzt und mit einem 5:1 (3:1)-Sieg beim Deutschen Meister VfL Wolfsburg die beste Saisonleistung gezeigt. Die Stürmer Theofanis Gekas und Adrian Ramos waren die überragenden Persönlichkeiten auf dem Rasen. Dreimal traf der Grieche Gekas, zweimal der Kolumbianer Ramos, und gemeinsam inszenierten sie vor 29 353 Zuschauern eine grandiose Vorstellung in der Volkswagen-Arena. Über allem stand eine Frage, die an diesem denkwürdigen Abend niemand so richtig beantworten mochte: Wie kann eine Mannschaft mit der am Sonntag demonstrierten Qualität auf dem letzten Tabellenplatz stehen?

Auch die Berliner Fans waren überrascht. Beim Aufwärmen vor dem Spiel hatten sie die Spieler noch mit „Absteiger! Absteiger“-Rufen verhöhnt. Zum Schluss sangen sie selig die Stadion-Hymne „Nur nach Hause geh’n wir nicht“. Vergessen war die bittere1:2-Niederlage vor einer Woche gegen Nürnberg, in der viele doch schon den Vorboten des sicheren Abstiegs gesehen hatten. „Die Mannschaft hat eine schwere Woche hinter sich“, sagte Trainer Friedhelm Funkel. „Wie da auf uns eingeprügelt wurde, das hat mit Fußball nichts mehr zu tun, das ist kriminell. Heute wollen wir erst mal genießen.“

Michael Preetz goss die neue Perspektive in einen schmucklosen Satz: „Die wichtigste Erkenntnis ist, dass Hertha noch da ist.“ Für den Berliner Manager war es auch deshalb ein besonderes Spiel, weil es das erste war gegen seinen Vorgänger Dieter Hoeneß, der jetzt in Wolfsburg die Geschäfte führt. Beide gaben sich kurz die Hand, und Hoeneß fand nette Worte für seinen ehemaligen Klub: „Ich kann verlieren, wenn der Gegner besser ist, und Hertha war heute klar besser.“

Die Berliner spielten so schnell und rational wie zuletzt in der Fast-Meistersaison – mit dem bemerkenswerten Unterschied, dass dabei auch noch jede Menge Tore heraussprangen. Das erste gelang Gekas schon nach fünf Minuten. Er stand im Strafraum am Ende einer schönen Ballstafette, als er sich geschickt um Jan Simunek drehte und den Ball mit dem linken Fuß aus spitzem Winkel in die rechte Ecke schob. Nur zwei Minuten später legte Adrian Ramos das 2:0 nach. Herthas Torhüter Jaroslav Drobny hatte einen Freistoß vom eigenen Strafraum nach vorn geschlagen. Niemand in der Wolfsburger Abwehr fühlte sich zuständig. Plötzlich hatte Ramos freie Bahn.

Das Wolfsburger Publikum fing an zu murren, Hoeneß ärgerte sich gestenreich auf der Ersatzbank – und auf dem Rasen spielte Hertha weiter mit einer Leichtigkeit, als hätte es einen Sturz ans Tabellenende nie gegeben. Perfekten Ausdruck fand die Schönheit des Berliner Spiels im dritten Tor, erzielt nach gerade 25 Minuten. Gekas und Ramos überbrückten mit ein paar Doppelpässen das Mittelfeld, dann bezogen sie auch noch Cicero ein, der steil durchsteckte auf Gekas, der abermals aus spitzem Winkel vollendete.

Wenn denn Hertha BSC etwas vorzuwerfen war bei dieser Demonstration, dann war es der unbekümmerte Umgang mit den Tor- und Konterchancen. Zweimal verzog Raffael aus günstiger Position, Cicero köpfte zweimal vorbei und traf einmal per Distanzschuss den Pfosten. Wolfsburg war mit dem Ergebnis gut bedient und schöpfte kurz noch einmal Hoffnung, als der zehn Minuten vor der Pause eingewechselte Grafite mit seiner zweiten Ballberührung auf 1:3 verkürzte.

Doch die von der Doppelbelastung aus Bundesliga und Europa League geschwächten Wolfsburger hatten gestern nicht das Format, Hertha den Sieg zu nehmen. Die Berliner zogen ihren Stil durch und hatten das Geschehen jederzeit unter Kontrolle. Und da waren ja noch Gekas und Ramos. Erst narrte Gekas im Strafraum gleich vier Wolfsburger, bevor er sein drittes Tor schoss, diesmal mit dem rechten Fuß ins linke Eck. Den Schlusspunkt setzte Ramos mit einem schönen Drehschuss in den Winkel.

Sechs Minuten später war Schluss, aber Frieden geschlossen haben Fans und Mannschaft offensichtlich noch nicht. Kein Spieler fand nach dem Spiel den Weg in die Kurve. „Ich kann verstehen, dass die Fans sauer sind“, sagte Torhüter Drobny. „Aber man muss auch uns verstehen. Wir haben gehört, was die Leute vor dem Spiel gerufen haben. Das vergisst man nicht so leicht.“

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