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Sport: Hertha trägt Trauer

Von Michael Rosentritt Berlin. Die schrecklichste aller Nachrichten erhielt Pal Dardai am Spielfeldrand.

Von Michael Rosentritt

Berlin. Die schrecklichste aller Nachrichten erhielt Pal Dardai am Spielfeldrand. Der 26-jährige Mittelfeldspieler von Hertha BSC wurde zu Beginn der zweiten Halbzeit eines Testspiels in Wörgl gegen Fenerbahce Istanbul ausgewechselt. An der Seitenlinie nahm ihn Manager Dieter Hoeneß in seine Arme und überbrachte dem ungarischen Nationalspieler die traurige Kunde. Dardais fünf Jahre jüngerer Bruder Balasz war zu Hause bei einem Fußballspiel mit einem Gegner zusammengeprallt und hatte die Zunge verschluckt. Alle Rettungsversuche kamen zu spät, Balasz Dardai starb noch auf dem Fußballfeld.

Die Frau von Pal Dardai hatte Hertha BSC während des Spiels in Wörgl benachrichtigt. Hoeneß beschloss in Absprache mit Trainer Huub Stevens, den Spieler sofort vom Feld zu nehmen. Hoeneß, Mannschaftsarzt Ulrich Schleicher und Herthas ungarischer Torwart Gabor Kiraly, der auf der Ersatzbank saß, begleiteten Dardai in die Kabine. „Wir waren geschockt“, sagte Hoeneß. „Wir boten Pal an, ihn sofort in seine Heimat zu bringen.“ Da es für einen Flug bereits zu spät war, setzte sich Herthas Pressesprecher ins Auto und fuhr mit ihm los. In Dardais Heimatstadt Pecs, rund 700 Kilometer von Wörgl entfernt, setzten sich zur gleichen Zeit Freunde Dardais ins Auto und fuhren den Berlinern entgegen. „Jede Hilfe, die er jetzt benötigt, werden wir ihm geben. Den Zeitpunkt, wann er zurückkehrt, bestimmt er allein“, sagt Hoeneß. „Alles andere wäre eine ungeschickte Einmischung von uns.“

Der Tod des Bruders von Pal Dardai ist die dritte traurige Nachricht für Hertha innerhalb kürzester Zeit. Vor eineinhalb Wochen erfuhr der Verein, dass der Vater von Mittelfeldspieler Rob Maas im Alter von 63 Jahren verstorben war. Anfang der vergangenen Woche ereilte die Vereinsspieler die Nachricht vom Ableben Robert Schwans, der von 1996 bis 2000 im Aufsichtsrat des Vereins tätig gewesen war. „Sie können sich vorstellen, dass die Vielzahl dieser Fälle eine ungewöhnliche Belastung für uns darstellt“, sagt Hoeneß, der die Mannschaft erst nach Spielende informierte. Dass Hertha im Testspiel die 2:0-Führung Istanbuls in der Schlussviertelstunde egalisieren konnte, interessierte am Abend ebenso wenig wie der Muskelfaserriss in der linken Wade Dick van Buriks.

Fälle, in denen ein Sportler eine Zunge verschluckt, sind in Spieldisziplinen leider keine Seltenheit, wohl aber der schlimmste Ausgang. Glück im Unglück hatte erst jüngst Johan Pettersson. Der Handballspieler des THW Kiel war im November 2001 bei einem Tempogegenstoß mit dem Gummersbacher Torhüter Stankiewicz zusammengeprallt. Die Schulter des Keepers hatte seinen Kopf getroffen. Dabei blockierte die Zunge die Atemwege, Pettersson war in einem krampfartigen, lebensbedrohlichen Zustand. Glücklicherweise konnte THW-Arzt Detlev Brandecker durch die Zahnlücke – der Spieler verlor bei dem Aufprall drei Zähne – die Zunge zur Seite bewegen. Brandecker: „Er hat beim Aufprall drei Zähne verloren, seine Zunge verschluckt und war bewusstlos. Wir haben ihm Infusionen gegen die Krampfzustände gegeben, ein Luftröhrenschnitt war nicht notwendig. Dennoch bestand kurzzeitig Lebensgefahr." Wenige Tage später konnte Pettersson die Klinik wieder verlassen.

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