zum Hauptinhalt
Gewohntes ungewohntes Bild. Im Olympiastadion mussten Herthas Spieler zuletzt neidisch zuschauen, wenn ihre Gegner jubelten. In der Fremde aber haben die Berliner vier ihrer vergangenen fünf Spiele gewonnen.

© dpa

Hertha vor Stuttgart: Gepunktet wird auswärts

Hertha BSC schneidet zurzeit auf fremden Plätzen deutlich besser ab als im eigenen Stadion. Am Samstag will die Mannschaft von Jos Luhukay in Stuttgart beim kriselnden VfB die Auswärtsstärke erneut unter Beweis stellen.

Es war Sommer, ein sonniger Sonntag, als Jos Luhukay einen ehrgeizigen Wunsch für die neue Spielzeit gelassen aussprach. Seine Mannschaft hatte gerade einen Kantersieg gelandet, aber ein 6:1-Erfolg gegen einen Aufsteiger in die Oberliga ist nichts, was den Trainer von Hertha BSC gleich die Bodenhaftung verlieren lässt. Der Holländer steht mit beiden Beinen im Leben, und dass er nach dem Testspiel gegen den FC Strausberg via Stadionlautsprecher verkündete, er wolle – wie in der Saison zuvor in der Zweiten Liga – auch in der Bundesliga kein Heimspiel verlieren, das war eher Wunsch als verlässliche Vorhersage. Ein paar Monate später sagt Luhukay: „Die Situation hat sich ein bisschen verändert.“

Man muss dazu wissen, dass das Thema bei Hertha historisch belastet ist. Die beiden jüngsten Abstiege der Mannschaft waren vor allem ihrer fehlenden Heimstärke geschuldet. In der Saison 2009/10 gewann Hertha das erste Heimspiel (1:0 gegen Hannover) – und anschließend kein einziges mehr. 16 Heimspiele ohne Sieg hat selbst Tasmania nicht hinbekommen. Zwei Jahre später sah es kaum besser aus. Mit zehn Heimniederlagen hatte Hertha die zweitschlechteste Bilanz der Liga; selbst in der Relegation gegen Düsseldorf verloren die Berliner vor eigenem Publikum.

Es ist also nicht verwunderlich, dass Jos Luhukay vor der Saison davon ausgegangen war, dass die Heimstärke für den Aufsteiger ein wichtiger Schlüssel zum Klassenerhalt sein werde: „Wenn wir uns in der Bundesliga etablieren wollen, geht das nur über unsere Heimspiele.“ Doch Luhukay hat sich geirrt – und das gleich doppelt. Hertha ist in dieser Saison alles andere als eine Heimmacht, trotzdem steht der Verbleib in der Bundesliga schon nach zwei Dritteln der Saison nicht mehr ernsthaft infrage. Es liegt vor allem an der guten Auswärtsbilanz.

Im Moment tut sich die Mannschaft auf fremden Plätzen leichter als vor eigenem Publikum. Von den jüngsten sechs Heimspielen haben die Berliner nur eins gewonnen (bei vier Niederlagen); in den letzten fünf Auswärtsspielen landeten sie hingegen vier Siege (bei einer Niederlage). In der Auswärtstabelle liegt Hertha auf Platz fünf, in der Heimtabelle ist die Mannschaft hingegen nur Elfter. Und gewinnt sie an diesem Samstag beim VfB Stuttgart, hat sie in der Fremde sogar mehr Punkte geholt (bisher 15) als im Olympiastadion (16) – bei je elf Spielen.

So paradox sich das anhören mag: Diese erstaunliche Bilanz ist auch eine Folge des erfolgreichen Saisonverlaufs. Von den ersten fünf Heimspielen haben die Berliner vier gewonnen, allein gegen den morgigen Gegner, den VfB Stuttgart, verlor Hertha etwas unglücklich durch ein Standardgegentor. Inzwischen hat sich die Bilanz ins Gegenteil verkehrt. Die Konkurrenz kennt Herthas Mannschaft zunehmend besser, sie kennt ihre Vorlieben und ihre Schwächen: dass die Berliner zum Beispiel Probleme haben, selbst das Spiel zu gestalten, dass sie lieber reagieren und viel Raum brauchen für ihr schnelles Umschaltspiel. So naiv wie Eintracht Frankfurt bei der 1:6-Niederlage zum Saisonauftakt ist jedenfalls keine Mannschaft mehr im Olympiastadion aufgetreten. „In den letzten Heimspielen war es unglaublich schwer, das Spiel zu bestimmen“, sagt Luhukay. Selbst Spitzenteams wie Leverkusen und Schalke haben sich vor dem eigenen Tor verschanzt und den Berlinern die Initiative überlassen.

In Stuttgart ist das eher nicht zu erwarten. „Das ist ein Spiel, in dem sehr viel Spannung herrschen wird“, sagt Luhukay. Der VfB liegt nach sechs Niederlagen hintereinander nur noch einen Punkt vor dem Relegationsplatz. Von der Mannschaft werden nun dringend Siege erwartet, damit die Lage nicht noch misslicher wird. So ähnlich war es auch vor zwei Wochen bei Herthas 3:0-Sieg in Hamburg, als sich der HSV voller Übermut, aber mit wenig Verstand ins Verderben stürzte. „Das ist ein bisschen eine vergleichbare Situation“, sagt Jos Luhukay. Wenn ein vergleichbares Resultat herausspränge, hätte er vermutlich nichts dagegen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false