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Sport: Heuschrecken zur Krone

Der FC Liverpool könnte verstaatlicht werden

London - Die Ironie ist typisch britisch. In zehn Tagen wird unter der neoliberalen Regierung von David Cameron wohl eine der meistgeliebten Institutionen der Insel verstaatlicht. Da die amerikanischen Eigentümer des FC Liverpool, Tom Hicks und George Gillett, Schulden von 280 Millionen Euro nicht zurückzahlen können, übernehmen am 15. Oktober voraussichtlich die Hauptgläubiger von der Royal Bank of Scotland (RBS) den Klub. Da die Bank wegen der Kreditkrise selbst in öffentlichem Besitz ist, würden so alle Briten unfreiwillig zu Teilhabern des Klubs.

Vor dem sonntäglichen Spiel gegen Blackpool protestierten tausende Fans gegen die US-Investoren, die den Premier-League-Verein seit ihrem Einstieg im Februar 2007 heruntergewirtschaftet haben. Die RBS sucht seit sechs Monaten vergeblich nach einem Käufer, der neben Geld für die Schulden auch gut 300 Millionen Euro für ein neues Stadion mitbringt. Ohne die beiden Amerikaner, die mit ihren Preisvorstellungen mehrere Deals torpedierten, könnte die Bank den FC Liverpool leichter abstoßen und einen Großteil ihres Geldes zurück bekommen.

Im Falle einer Insolvenz würden dem Klub neun Punkte abgezogen – das könnte den Abstieg bedeuten. Momentan steht das Team von Roy Hodgson nach sieben Spielen auf dem 18. Tabellenplatz. Gegen Blackpool gab es eine 1:2-Niederlage und erstmals Anti-Hodgson-Parolen. „Es ist verständlich, dass die Fans frustriert sind“, sagte Hodgson. „Ich bin der Trainer und trage die Verantwortung.“ Hodgson kann allerdings nichts dafür, dass der Klub Leistungsträger wie Javier Mascherano abgab und Stürmerstar Fernando Torres ständig verletzt ist. Ex-Trainer Rafael Benitez, heute bei Inter beschäftigt, heizte aus der Ferne die Stimmung zusätzlich an, indem er verkündete: „Liverpool ist mein Zuhause, ich werde zurückkommen.“

Das sollte sich der Spanier nach dem 15. Oktober, wenn Liverpool der Krone gehört, aber noch überlegen: Eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst ist angesichts der Haushaltskürzungen nicht sehr erstrebenswert. Raphael Honigstein

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