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Sport: Heute ein Held

Wenn Glück ein Gesicht hat, dann kommt es aus einem strahlenden schwarzen Antlitz, in welchem Augen und Zähne um die Wette blitzen. Wenn dazu noch ein riesiger goldener Autoschlüssel kommt, den Samuel Kuffour stolz in den Händen hält, dann wird dieses Foto der Nachwelt die Geschichte erzählen, wie der FC Bayern München in einer kalten japanischen Nacht den Weltpokal gewonnen hat - zum zweiten Mal nach 1976.

Wenn Glück ein Gesicht hat, dann kommt es aus einem strahlenden schwarzen Antlitz, in welchem Augen und Zähne um die Wette blitzen. Wenn dazu noch ein riesiger goldener Autoschlüssel kommt, den Samuel Kuffour stolz in den Händen hält, dann wird dieses Foto der Nachwelt die Geschichte erzählen, wie der FC Bayern München in einer kalten japanischen Nacht den Weltpokal gewonnen hat - zum zweiten Mal nach 1976. Das Auto, Preis für den wertvollsten Spieler auf dem Platz, will der 24-Jährige aus Ghana seiner Mama in Accra schenken. "Endlich einmal habe ich ein ganz wichtiges Tor für Deutschland und den FC Bayern geschossen", freute sich Kuffour, nachdem er in der 110. Minute den Kontinentalvergleich zwischen Südamerika und Europa zugunsten des deutschen Rekordmeisters entschieden hatte. Mit 1:0 (0:0, 0:0) nach Verlängerung gewann Bayern München gegen Boca Juniors, den südamerikanischen Meister aus Buenos Aires.

"Wir sind nach Tokio gekommen, um Geschichte zu schreiben", hatte Ottmar Hitzfeld vor dem Spiel gesagt. Doch der Trainer des FC Bayern hatte Geduld angemahnt - und lag richtig. Es gab nämlich kaum klare Tormöglichkeiten für die Bayern. Auf der anderen Seite leisteten sich Kuffour und Sagnol krasse Konzentrationsfehler. Beim ersten Aussetzer des Ghanaers musste Oliver Kahn 25 Meter vor seinem Tor retten.

Doch die Fehler wurden nicht bestraft, im Gegenteil. Kurz vor der Pause schwächte der Argentinier Delgado sein Team. Obwohl bereits verwarnt, weil er dummerweise den Ball weggeschlagen hatte, besaß er die Verve für eine Schauspielnummer. Der dänische Schiedsrichter Kim Milton Nielson ahndete eine Schwalbe Delgados im bayerischen Strafraum mit der Gelb-Roten Karte, und die Vorjahressieger vom Rio de la Plata mussten im zweiten Spielabschnitt mit nur neun Feldspielern auskommen. Für den ehemaligen Boca-Kapitän und Fußball-Superstar Diego Maradona grenzte diese Entscheidung an Betrug. Er bezichtigte den Referee nach dem Spiel der Parteinahme: "Es kotzt mich an, dass die Südamerikaner Gelbe oder Rote Karten sehen und die Europäer nicht."

Die Bayern taten sich indes schwer, den Vorteil zu nutzen. Trotz Überzahl versuchten die Spieler nie, eine Entscheidung zu erzwingen. Diese Vorsicht hatte wohl auch mit Juan Roman Riquelme zu tun. Der junge Spielmacher, der als Maradonas legitimer Nachfolger gefeiert wird, war dank seiner blendenden Technik die auffallendste Figur im voll besetzten Olympiastadion. Allerdings nur bis zur Verlängerung. Danach spekulierten die Südamerikaner nur noch auf das Erreichen eines Elfmeterschießens, das bekanntermaßen ihre Stärke ist. Doch zehn Minuten vor dem Abpfiff schlug die Stunde des Samuel Kuffour. In seinem Drang zum Tor ließ sich der junge Abwehrchef nicht bremsen. Kuffour störte sich im Tohuwabohu des Boca-Strafraums weder an Kolumbiens Nationalkeeper noch daran, dass Verteidiger Rodriguez den Ball zweimal mit der Hand aufhalten wollte. Sein Tor war der Moment, auf den der brave Mann schon lange gewartet hatte - endlich war er der Held. Trainer Hitzfeld freute sich jedenfalls, dass mit Kuffour einmal einer belohnt worden sei, "der schon öfters und auch ungerechtfertigt in der Kritik gestanden hat".

Viele neue Anhänger hat der FC Bayern in dieser Nacht von Nippon nicht gefunden, das Geduldspiel löste keine Begeisterung aus. "In solchen Spielen geht es nicht um den Schönheitspreis, man muss Charakter und Willen zeigen", meinte Ottmar Hitzfeld. Wie viel Wert ihnen der Titel des Weltpokalsiegers ist, führten die Bayern nach dem Schlusspfiff vor. Elber, Pizarro und Co. tanzten und hüpften wie kleine Kinder über den Rasen. Und Torwart Kahn musste in dem ganzen Trubel aufpassen, dass das Glückskind Kuffour in der hundertköpfigen Fotografentraube und der ausgelassenen Partystimmung nicht noch verloren ging.

Martin Hägele

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