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Zurück im Zirkus. Andreas Rudolph, alter und neuer Chef des HSV Hamburg.

© dpa

Präsidenten-Karussell beim HSV Handball: Heute Rudolph, morgen Rudolph

Andreas Rudolph ist neuer Präsident der HSV-Handballer. Er übernimmt den Posten seines Bruders, von dem er zuvor abgelöst worden war. Alles klar?

Eigentlich hatte er sich schon zurückgezogen. Wollte nichts mehr wissen vom operativen Geschäft und dem ganzen Zirkus, der da noch so dranhängt. Deshalb hat sich Andreas Rudolph zuletzt auch rar gemacht, nicht einmal bei den Heimspielen seines Herzensvereins war er mehr zugegen. Bis gestern. Da meldete sich der 58-Jährige zurück in der deutschen Handball-Welt, zum zweiten Mal übernimmt er die Präsidentschaft bei den Bundesliga-Handballern des HSV Hamburg.

Was bestenfalls wie eine Kurzmeldung klingt, beinhaltet eine der skurrilsten Konstellationen im deutschen Profisport: Weil nämlich Andreas Rudolph, 58, den Posten von seinem jüngeren Bruder Matthias, 55, übernimmt. Von jenem Mann also, den er vor gar nicht allzu langer Zeit höchstselbst mit der Aufgabe betraut hatte, den chronisch aufgeregten Verein zu normalisieren und wirtschaftlich zu konsolidieren. Weil diese Aufgabe – vorsichtig formuliert – ziemlich danebengegangen ist, muss jetzt eben wieder der ältere Bruder ran. Wirft das nicht ein seltsames Licht auf den nach dem THW Kiel zweiterfolgreichsten deutschen Handball-Klub des vergangenen Jahrzehnts? Und fühlt man sich da nicht ausgenutzt? „Wir müssen da gar nicht weiterreden“, sagte Rudolph dem Tagesspiegel, „weil ich dazu ohnehin nichts sagen werde“. So hat es Rudolph stets gehalten, wenn Kritik an seiner Person aufkam. So hält er es bis heute.

In Hamburg witzelt man hinter vorgehaltener Hand bereits, dass sich die Handballer mit dem großen, namensgleichen Fußball-Klub der Stadt messen können, wenn es um selbstgemachte Probleme und chaotische Strukturen geht. Der Vergleich hinkt schon deshalb nicht, weil Andreas Rudolph für den HSV Handball das ist, was Carl-Edgar Jarchow für die Fußballer ist: der schwerreiche Unternehmer, der im Notfall die private Geldbörse für sein Lieblingsspielzeug öffnet. Rudolph, in den 70ern selbst Bundesliga-Spieler, ist Geschäftsführer eines Unternehmens aus dem Gesundheitsmanagement, das 1000 Mitarbeiter zählt und einen Jahresumsatz von etwa 300 Millionen Euro macht. Wie viel Geld er in die Handball-Abteilung gesteckt hat, lässt sich zwar nur schätzen. Fakt ist aber, dass der HSV vor allem dank seines neuen, alten Präsidenten zu den wirtschaftlich stärksten Klubs der Liga zählt. Was wiederum geringe Popularitätswerte bei der Konkurrenz nach sich zieht.

Seine erste Amtszeit hatte Rudolph im Jahr 2005 mit der Devise begonnen, den Verein sportlich erfolgreich zu machen und in eine wirtschaftliche Unabhängigkeit zu führen. Zumindest die erste Agenda ist erfüllt: der HSV gewann mit dem DHB-Pokal (2010), der Deutschen Meisterschaft (2011) und der Champions League (2013) alle bedeutsamen Pokale, wenngleich Rudolph beim letzten Triumph offiziell nur Gesellschafter des Klubs war. Faktisch ging weiterhin jede Entscheidung über seinen Schreibtisch.

Bei allem sportlichen Erfolg hat man nur die Sache mit der wirtschaftlichen Unabhängigkeit vergessen. Schon bei der Zusammensetzung des Kaders stellt sich die Frage, ob der Verein die Ansammlung von Superstars überhaupt ohne seinen Mäzen finanzieren kann? Ex-Fußballer Frank Rost ist in seiner kurzen Amtszeit als Geschäftsführer grandios an der Aufgabe gescheitert, das Aufgebot auszudünnen – weil Rudolph das letzte Wort hatte. So hat Trainer Martin Schwalb Woche für Woche die undankbare Aufgabe, aus 19 Spielern internationaler Güteklasse ein Team zusammenzubauen. Zum Vergleich: Andere Bundesligisten verfügen über einen Kader von 13 bis maximal 15 Spielern. Geht das künftig immer weiter so?

Heute gibt Rudolph eine Pressekonferenz, bei der eine Art Regierungserklärung von ihm erwartet wird. Womöglich beantwortet der Mäzen dann die naheliegendsten Fragen.

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