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Sport: High Noon in Paris

Heute entscheidet der Leichtathletik-Weltverband über das Schicksal des Istaf

Von Frank Bachner

Berlin. Ein paar Stunden nach La Ola und einem 1500-m-Lauf mit einer Weltklassezeit musste Lamine Diack auf eine Baustelle starren. Der Präsident des Leichtathletik-Weltverbands IAAF stand im Berliner Olympiastadion, blickte über die Bauarbeiten, und natürlich forderten seine Begleiter ihn zu Phantasie auf. „Das wird in zwei Jahren ein exzellentes Stadion“, sagten die Funktionäre des Internationalen Stadionfestes (Istaf), die Diack begleiteten. Am Freitagabend war Diack noch beim Istaf, dem größten deutschen Leichtathletik-Meeting im Jahnstadion, jetzt sollte er im leeren Olympiastadion bestätigen, dass eine blaue Tartanbahn doch etwas ganz Tolles ist. Die blaue Bahn ist eine spezielle Berliner Idee, aber Diack schwieg bloß diplomatisch.

Doch natürlich ist bei dem Senegalesen die Botschaft angekommen: Die Istaf-Veranstalter hatten erkannt, wie wichtig er doch ist. Deshalb dieses Programm, als Diack am vergangenen Wochenende beim Golden-League-Finale in Berlin war. Aber wahrscheinlich war diese besondere VIP-Betreuung gar nicht nötig. Heute, um Punkt zwölf Uhr, wird die IAAF in Paris ihre Entscheidung über die Golden-League-Standorte der nächsten drei Jahre bekannt geben, und Berlin, bislang Finalstation der Serie, wird wohl auch in den nächsten Jahren zur Beletage der internationalen Meetings gehören. Es gibt entsprechende Signale aus den Kreisen der IAAF.

Fünf oder sechs Stationen wird es geben (siehe nebenstehendes Interview). Monaco wird nicht mehr dabei sein und erhält dafür dauerhaft das Grand-Prix-Finale. Und so gut wie fest steht, dass Rom aus dem Rennen ist. In Rom gibt’s nur wenig Zuschauer, und die Atmosphäre ist trist. Dann könnte auch noch Oslo auf der Strecke bleiben. Oslo hat nur sechs Bahnen, und zudem bewirbt sich mit Stockholm noch eine skandinavische Stadt. Zwei Golden-League-Meetings in Nordeuropa dürften zu viel sein. Schließlich achtet die IAAF auf die Wirtschaftskraft eines Standortes. Die IAAF-Sponsoren wollen möglichst lukrative Absatzmärkte. Wie Deutschland.

Nur: Was passiert, wenn die IAAF Berlin doch rauswirft? Dann gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder die Gesellschafter der Leichtathletik-Veranstaltungs GmbH (LVG), die das Istaf organisiert, machen einfach weiter und veranstalten ein normales Meeting. Sie könnten sich zum Beispiel um ein Grand-Prix-I-Meeting bewerben. Deutschland hat im Moment kein Grand-Prix-1-Meeting. Unklar ist allerdings, ob das Fernsehen dann noch überträgt und ob die Istaf-Sponsoren auch solch ein Meeting unterstützen.

Allerdings denkt Werner Gegenbauer, der Präsident der Industrie- und Handelskammer und zugleich der wohl wichtigste LVG-Gesellschafter, weit über die Dimensionen eines Meetings. Der 52-Jährige will eine Leichtathletik-WM nach Berlin bekommen, ein Großereignis, das die Wirtschaftskraft der klammen Stadt fördert. Für Gegenbauer ist das Istaf vor allem eine Imagefrage. Es soll Berlin als Leichtathletik-Standort aufwerten. Bei einer WM-Vergabe könnte dieser Punkt eine Rolle spielen. Muss aber nicht. In Stuttgart fand auch eine faszinierende WM statt. Und dort gibt es kein großes Meeting. Die zweite Möglichkeit, sollte Berlin abgelehnt werden, ist allerdings, dass sich die Gesellschafter zurückziehen. Wenn etwa Sponsoren abspringen und das Fernsehen abwinkt.

Aber so weit wird es kaum kommen. Berlin wird wohl gewählt werden. An guter VIP-Betreuung von Diack mangelte es jedenfalls nicht. Nach der Baustelle Olympiastadion zeigte man ihm ein Modell des neuen Stadions. Da sah alles wunderschön aus. Nur die Tartanbahn war nicht blau. Aber das konnte der IAAF-Chef verschmerzen.

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