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Sport: Höchstform in Leverkusen

Benedikt Voigt über Bayers ungewöhnliche Schicksalsergebenheit Bei Bayer Leverkusen mag in dieser Saison einiges danebenlaufen, nicht aber Öffentlichkeitsarbeit. Leverkusens PRBeauftragte laufen gegenwärtig zur Höchstform auf.

Benedikt Voigt über Bayers ungewöhnliche Schicksalsergebenheit

Bei Bayer Leverkusen mag in dieser Saison einiges danebenlaufen, nicht aber Öffentlichkeitsarbeit. Leverkusens PRBeauftragte laufen gegenwärtig zur Höchstform auf. Im Gegensatz zur Mannschaft. Nach jeder Niederlage steht der mächtige Leib des Managers Reiner Calmund in irgendeinem Stadiongang vor irgendeiner Fernsehkamera, und geißelt sich und seinen Verein bereitwillig via Mikrofon selbst. Wer dieses Schauspiel nicht mitbekommt, braucht nur nach einem Leverkusener Spiel die Zeitung aufschlagen. Dort prügelt der Sponsor RWE in einer Anzeigen-Kampagne regelmäßig auf den Verein ein, den er andererseits mit seinen Euro unterstützt. „Kein Kommentar“, war noch eine harmlose Variante, schmerzhafter trifft die Bemerkung nach der 0:2-Niederlage in der vergangenen Woche in Barcelona. „Wenn man es nicht kann, muss man es wenigstens wollen“, war da zu lesen. Ein RWE-Sprecher erklärt die widersprüchliche Kampagne: „Die Kommentare sollen das Stimmungsbild der Fans widerspiegeln.“ Weshalb nach dem heutigen letzten Spiel der Leverkusener in der Champions League gegen Inter Mailand ein langer, tiefer Seufzer die Zeitungen zieren muss: „Gott sei Dank, es ist überstanden.“

Inzwischen greift die neue Kommunikationskultur auch auf Mannschaft und Umfeld über. Weltmeister Lucio ist genauso wie die deutschen Nationalspieler Carsten Ramelow und Jens Nowotny bereit, auch in der Zweiten Liga für Bayer Leverkusen zu spielen. Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser hat bereits durchgerechnet, wie man auch eine Liga tiefer finanziell über die Runden kommt. „Wenn man Pech hat, fehlen in der Zweiten Liga zwischen 10 und 15 Millionen Euro, diesen Fehlbetrag am Umsatz muss man durch andere Erträge auffangen.“ Und Manager Calmund sieht bereits das neue Team vor sich. „Wir bauen eine junge, schlagkräftige Mannschaft mit ein paar Korsettstangen auf.“ Nun, dann kann’s ja losgehen, mit der Zweiten Liga.

Moment mal, möchte man allen in Leverkusen zurufen, was ist das für eine Schicksalsergebenheit? Wir schreiben den 25. Spieltag in der Bundesliga, die Runde ist noch nicht vorbei. Und überhaupt, hallo Leverkusener, auch wenn ihr immer so tut: Platz 15 ist gar kein Abstiegsplatz. Vielleicht hilft auch, die Zeitung der vergangenen Woche herauszukramen: Wenn man es nicht kann, muss man es wenigstens wollen.

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