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Olympische Sommerspiele 2008

© AFP

Hoffnungslaufsletzter: Debakel für den Deutschland-Achter

Havarie des Paradeboots: Der Deutschland-Achter ist überraschend bereits im Hoffnungslauf ausgeschieden. Nach dem Debakel gibt es Rücktritte und Forderungen nach personellen Konsequenzen.

Der einstmals stolze Deutschland-Achter bot ein Bild des Jammers. Lang ausgestreckt und völlig ausgepowert lag Crew-Mitglied Jochen Urban nach dem kapitalen Schiffbruch auf dem Steg, seine Mitstreiter verharrten minutenlang regungslos und mit gesenktem Blick im Boot. Der letzte Platz im Hoffnungslauf der olympischen Ruderregatta verschlug allen Beteiligten zunächst die Sprache.

Der Blick auf seine völlig frustrierten Schützlinge bereitete auch Trainer Christian Viedt zusätzliche Seelenpein: „Das ist eine Riesenenttäuschung, diese Erfahrung hätten wir uns gern erspart.“ Schlagmann-Legende Roland Baar fand noch deutlichere Worte: „Das ist ein Desaster für den deutschen Rudersport.“

Der Auftrag an Viedt, binnen zwei Monaten aus starken, aber unerfahrenen Ruderern einen schlagkräftigen Achter zu formen, entpuppte sich als „Mission impossible“. Noch während die jungen Recken verzweifelt nach Erklärungen für die folgenschwere Havarie suchten, ergriff Baar das Wort. Aus Verärgerung über die größte Achter-Pleite seit der verpassten Olympia-Qualifikation im Jahr 2000 forderte das einstige IOC-Mitglied an Ort und Stelle Konsequenzen: „Wir sind weit weg von alten Erfolgen. Deshalb müssen Entscheidungsträger im DRV endlich zur Verantwortung gezogen werden.“

Ausgerechnet das prestigeträchtige Flaggschiff, jahrelang ein nationales Erfolgssymbol, blieb als erstes deutsches Boot auf der Strecke. Nach passablem Start fehlte der Mannschaft im Finish das Stehvermögen, um den für die Finalqualifikation nötigen vierten Rang zu erreichen. Weil die Deutschen dem hohem Anfangstempo Tribut zollen mussten, hatte es die Konkurrenz aus den USA, Australien, den Niederlanden und Polen leicht. „Auf den letzten 500 Metern sind wir auseinandergefallen“, gestand Schlagmann Andreas Penkner.

Die vieldiskutierte Maßnahme der Verbandsspitze, das Team komplett auszutauschen, erwies sich als Schlag ins Wasser. Verbale Breitseiten aus der Heimat ließen nach der Beerdigung erster Klasse deshalb nicht lange auf sich warten. Bis auf eine Ausnahme erklärten die kurz zuvor ausgebooteten Weltmeister von 2006 kurz nach der Havarie der Nachfolger ihren Rücktritt. „Die Verantwortung für das Ergebnis des Achters ist in der sportlichen Leitung des DRV zu suchen. Wir haben lange und laut auf die Fehlentscheidung hingewiesen, das ist die Quittung“, kommentierte das ehemalige Teammitglied Philipp Stüer und forderte zum wiederholten Mal den Rücktritt von Sportdirektor Michael Müller.

Dessen einstiger Teamgefährte Thorsten Engelmann sagte im Interview mit „Tagesspiegel Online“: „Eine so unerfahrene Mannschaft zu Olympia zu schicken, das konnte doch nicht gut gehen. Sie waren von Anfang an zu schwach.“

Inmitten der lebhaften Diskussionen verteidigte Verbandspräsident Siegfried Kaidel den Umbau und warnte im gleichen Atemzug vor voreiligen Schritten. „Nur weil bisher ein Boot ausgeschieden ist, reden wir jetzt nicht über personelle Konsequenzen. Aber es wird nach Olympia Strukturveränderung geben.“ So werde bereits intensiv nach Kandidaten für den neu zu schaffenden Posten des Bundestrainer für alle vier Skull- und Riemenbereiche gesucht.

Nur eine passable Medaillenausbeute der restlichen Flotte am kommenden Wochenende kann helfen, die Wogen zu glätten. Immerhin blieben dem DRV am vierten Wettkampftag weitere Ausfälle erspart. Der Frauen-Doppelvierer um die viermalige Olympiasiegerin Kathrin Boron (Potsdam) untermauerte mit einem souveränen Vorlaufsieg seine Medaillenambitionen. Dem Zweier ohne Steuerfrau mit dem Duo Lenka Wech (Saarbrücken) und Maren Derlien (Hamburg) genügte ein zweiter Rang zum Finaleinzug. Damit ist der DRV bereits mit drei Booten für die Endläufe qualifiziert, weitere neun Boote sind noch im Rennen. (dpa)

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