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Sport: „Holt Preetz zurück“

Was erfolgreiche Torschützen der Vergangenheit den torlosen Stürmern von Hertha BSC raten

Vier Spiele, kein Tor – für Hertha BSC ist der Saisonstart alles andere als glücklich verlaufen. Heute spielt der Fußball-Bundesligist beim SSV Reutlingen. Wir haben erfolgreiche Torjäger der Vergangenheit gefragt, was Herthas Stürmer tun müssten, um endlich zu treffen.

Klaus Fischer , Torschützenkönig 1976, 268 Tore in 535 Bundesligaspielen: „Üben, üben, üben. Hört sich simpel an. Ist aber so. Ich habe auch mal etliche Spiele nicht getroffen. Aber ich habe trainiert wie immer, und ich wusste, was ich kann. Dann sind wir mit Schalke nach Duisburg gefahren, ich musste gegen Paul Steiner spielen, einen jungen aufstrebenden Vorstopper. Wir haben 3:1 gewonnen – mit zwei Toren von mir. Ein Stürmer muss ein Programm haben. Ich zum Beispiel habe den Ball nie geschoben. Schieben ist gefährlich. Wenn ich auf den Torhüter zugelaufen bin, habe ich immer versucht, ihn auszuspielen. Das hat simpel ausgeschaut, aber nur deshalb, weil ich das wieder und wieder trainiert habe. Wenn ich die Stürmer heute sehe: Die haben kein Programm. Die wissen doch gar nicht, was sie machen sollen, wenn sie allein vorm Torwart stehen.“

Jörn Andersen , Torschützenkönig 1990, Trainer bei Rot-Weiß Oberhausen: „Im Moment hat Hertha ein bisschen einen Antilauf. Trotzdem bin ich davon überzeugt, dass es bald wieder klappt. Dafür besitzt die Mannschaft ein viel zu gutes Potenzial. Wichtig ist es, den Rhythmus zu halten. Dann kommen die Tore von selbst. Ich halte überhaupt nichts von verstärktem Torschusstraining. Wenn ich Trainer wäre, würde ich so weiterarbeiten wie bisher. Ich würde viel mit den Stürmern sprechen, ihnen Sicherheit vermitteln. Sie überlegen manchmal einfach zu viel. Wenn ein Stürmer vor dem Tor überlegt, ist die Chance oft schon vertan.“

Joachim Streich , Rekordtorschütze der DDR-Oberliga (229 Tore) und DDR-Nationalmannschaft (55): „Was ich Hertha rate? Michael Preetz zurückzuholen. Nein, das ist ein Spaß – aber einer mit wahrem Kern. Jede Mannschaft hat ein bestimmtes System, und das von Hertha war eben auf Preetz zugeschnitten. Jetzt kommt Fredi Bobic, ein ganz anderer Spielertyp. In Hannover hat er Flanken von links und rechts bekommen, bei Hertha nicht. Mir war schon vorher klar, dass Bobic so Probleme kriegt. Er müsste anders spielen. Aber ob er sein Spiel noch umstellen kann? Schwierig. Phasen, in denen man nicht trifft, hat jeder Stürmer, nur waren die bei mir immer relativ kurz. Ich habe dann gesagt: Mir muss mal ein Ding auf die Rübe fallen und ins Tor gehen. Dann rollt’s wieder. Aber bei Hertha würde das gar nichts nützen, wenn Bobic einmal trifft. Er ist einfach nicht der Stürmer, der zu Hertha passt.“

Herbert Laumen , 121 Tore für Gladbach, Bremen und Kaiserslautern zwischen 1965 und 1974: „Vier Spiele ohne Tor – das ist eklatant. So etwas hat es in unserer Zeit bei Borussia Mönchengladbach nicht gegeben. Wenn wir ein- oder zweimal nicht getroffen haben, hat Hennes Weisweiler die ganze Woche mit uns Schusstraining gemacht. Dann haben wir nur aufs Tor geballert, aus allen Lagen. Natürlich sind Training und Spiel verschiedene Dinge; aber im Training kannst du deine Sicherheit wiederfinden. Wenn ein Stürmer keine Tore schießt, ist das oft Kopfsache. Das muss nur einmal funktionieren, und schon geht es wieder wie von selbst. Nach meinem Wechsel von Gladbach zu Werder habe ich auch Probleme gehabt: Sechs Spiele hat es gedauert, bis ich das erste Tor geschossen habe. Da macht man sich schon Gedanken. Vielleicht ist das bei Fredi Bobic ähnlich.“

Thomas Allofs , 148 Tore für Düsseldorf, Kaiserslautern, Köln, Torschützenkönig 1989: „Als ich 1982 zu Kaiserslautern gewechselt bin, kam mit Torbjörn Nilsson von IFK Göteborg noch ein zweiter neuer Stürmer. Er war der Große für hohe Flanken, ich mehr der Allrounder. Das passte ganz gut. Bobic und Wichniarek müssten eigentlich auch zusammenpassen. Fußballer verstehen sich, oder sie verstehen sich nicht, da muss man nicht zusammen Flipper gucken. Was Hertha tun kann? Wenn ich einen neuen Stürmer habe, muss ich das Spiel forcieren, das dieser Stürmer braucht. Bobic lebt von Flanken, also muss Hertha mehr über die Flügel kommen. Man kann natürlich auch mit aller Gewalt versuchen den Spieler umzukrempeln. Nur wäre das wider die Natur. Ich habe den Spieler ja verpflichtet, weil er bestimmte Fähigkeiten hat. Aber das ist eben die Kunst eines Trainers, das Fingerspitzengefühl des Managers, die Mannschaft richtig zu verstärken.“

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