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An die eigene Nase fassen? Nö, muss Trainer Peter Knäbel nicht. Das sollten beim HSV lieber mal die Spieler machen.

© dpa/Bockwoldt

Auslaufen mit Lüdecke: HSV: Nehmt ihnen die Trainer weg!

Nach dem Fall auf den letzten Tabellenplatz der Fußball-Bundesliga ist der Fall für unseren Kolumnisten klar: Beim Hamburger SV haben die Spieler eine Allergie gegen Trainer. Sein Tipp: Versucht es mal ohne Übungsleiter!

Nun sind es also noch sechs Spiele. Noch einmal werden die psychologischen Trickkisten geöffnet und die letzten taktischen Register gezogen. Bei Hertha sammeln sie Punkt um Punkt und zur Belohnung dürfen die Spieler nachts um zwei übers Trainingsgelände laufen. In Wolfsburg bietet der Trainer einem schussschwachen Spieler 500 Euro, wenn er ein Tor erzielt. Und prompt trifft er! Auch Paderborn ändert noch mal seine Strategie. Die Westfalen haben jetzt festgestellt: Wenn man Tore schießt, kann man Spiele gewinnen. Schwupp, schon läuft es wieder. Und beim Hamburger SV?

Wechselt man die Trainer. Man hat es mit strengeren versucht und mit kumpelhaften. Jetzt hat man einen, der ist eigentlich gar kein Trainer, sondern Sportdirektor. Klappt aber auch nicht. Vor der Niederlage gegen Wolfsburg sagte Peter Knäbel: Es geht nicht, dass 57 000 ins Stadion kommen und wir schießen nicht einmal aufs Tor. Doch, das geht. Und wie! Die 57 000 Zuschauer sahen lediglich fünf Schüsse des HSV. Und alle landeten sie neben dem Gehäuse.

Nach dem Spiel bat man den Hamburger Übungsleiter um ein Resümee. Eigentlich sollte ein Trainer ja irgendeine Art von Zuversicht versprühen, Optimismus, irgendso etwas in der Richtung. Aber hier gab es nur den Ausdruck kompletter Ratlosigkeit. Was hängen blieb, war die Formulierung, Abwehrspieler Cleber habe „dämlich gespielt“. Da scheint eine prima Stimmung zu herrschen, zwischen Mannschaft und Trainer.

Der normale Gang der Dinge beim HSV wäre jetzt eigentlich folgender: Man entlässt auch den aktuellen Trainer und holt für die letzten sechs Spiele noch magathmäßig einen „Feuerwehrmann“. Ich fürchte nur, es wird nix bringen. Auch in Hamburg müssten sie jetzt etwas Überraschendes tun. Da reicht es aber nicht, nachts um die Außenalster zu joggen oder Lasogga 1000 Euro zu bieten, für ein Tor. Er wird nicht treffen.

Jetzt sage ich Ihnen was. Ich bin ein mit solidem Halbwissen ausgestatteter Fußballkolumnist. Ich habe die Lage beim HSV von meiner Sitzgruppe aus durch intensives TV-Studium eingehend analysiert und stelle hiermit folgende Ferndiagnose: Es gibt Menschen, die essen keine Tomaten. Andere vertragen keine Katzenhaare. Und beim HSV können sie eben nicht mit Trainern. Sie haben eine Trainerallergie. Das hätte man natürlich früher bemerken können, aber auf mich hört ja keiner. Statt Westermann & Co also alle drei Monate neue Trainer an die Seite zu stellen, sollte man ihnen – ganz im Gegenteil! – den Trainer wegnehmen. So wären die Spieler in der Verantwortung und müssten selber sehen, wie sie klarkommen.

Keine Ahnung, ob es so etwas je gab. Das wäre etwas halb Kommunistisches. So eine Mischung aus Rätedemokratie und Schwarmintelligenz. Aber so, wie ich die Hamburger kenne, werden sie meinen konstruktiven Vorschlag nicht aufgreifen. Sie werden auch keinen neuen Trainer holen. Ich fürchte, sie werden sechs Trainer holen. Für jedes ausstehende Spiel einen.

- Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt hier jeden Montag über die Fußball-Bundesliga.

Frank Lüdecke

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