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Sport: „Ich bin nicht Chefin, sondern Mitspielerin“

Fußballerin Steffi Jones über die Organisation der Frauen-WM 2011 und ihr Vorbild Franz Beckenbauer

Frau Jones, heute eröffnen Sie in Frankfurt am Main mit Franz Beckenbauer das Büro des Organisationskomitees der Frauenfußball-WM 2011 in Deutschland. Was glauben Sie, bringt er Ihnen als Begrüßungsgeschenk mit?

Er würde wohl sagen: Schaun mer mal.

Oder er sagt: „Es ist schon Weihnachten“ und übergibt Ihnen den Schlüssel für den Helikopter, damit sie 2011 ähnlich viele Spiele besuchen können wie er bei der WM 2006?

Das wäre natürlich toll, weil ich 2011 schon möglichst viele Spiele sehen will. Aber im Ernst: Mich würde schon freuen, wenn sich Herr Beckenbauer heute einfach nach dem offiziellen Teil ein bisschen Zeit nimmt und mir ein paar Tipps für meinen Job gibt.

Ist Ihre Aufgabe denn vergleichbar mit der Rolle Beckenbauers bei der WM 2006?

Das ist schon eine andere Größenordnung. Franz Beckenbauer hat bereits seinen Beitrag geleistet, die WM überhaupt nach Deutschland zu holen. Ich bin hingegen erst nach dem Zuschlag für die WM 2011 eingebunden worden. Aber ich will auch wie Franz Beckenbauer beispielsweise zu den Teilnehmerländern reisen und dort ein ähnlich gutes Bild für den deutschen Frauenfußball abgeben wie er damals für die Männer. Und ich soll wie er für die Öffentlichkeit das Gesicht der WM werden.

Sind Sie also vorrangig als Repräsentantin vorgesehen oder arbeiten Sie richtig im neuen Büro mit?

Klar habe ich da einen Arbeitsplatz. In die organisatorischen Dinge muss ich aber natürlich erst hineinwachsen, weil ich kaum Erfahrung habe. Ich werde sicher nicht eine Chefin im engen Sinne sein, sondern eine Mitspielerin in einem Team. Da werden mir so starke und erfahrene Leute wie die DFB-Abteilungsleiterin Heike Ullrich oder Hannelore Ratzeburg, die einzige Frau im DFB-Präsidium, eine große Hilfe sein. Wenn ich da genug Einblick habe, dann werde ich aber auch eigene Vorstellungen formulieren, die ich verwirklichen will.

Welche Ideen könnten das sein?

Ich will die Werte vermitteln, für die ich stehe: Toleranz, Integration von Kindern aus anderen Kulturen, Fairplay, Teamdenken. Außerdem will ich – unterstützt von einigen WM-Botschafterinnen – in den kommenden dreieinhalb Jahren bis zum Eröffnungsspiel möglichst viel bei Vereinen, in Städten und in Dörfern, zu Gast sein, um mit meiner Bekanntheit und der WM im Rücken für den Frauenfußball zu werben. Ich will auch meine Erfahrungen als Spielerin mit großen Turnieren einbringen, um den Teams eine möglichst schöne WM bescheren.

Haben Sie eigentlich nie Angst gehabt vor dieser Aufgabe? Sie waren schließlich bis zur Ernennung durch DFB-Präsident Theo Zwanziger noch Spielerin ohne jede Erfahrung in der Sportpolitik.

Natürlich hatte ich schon Bammel, als mich Herr Zwanziger angerufen hat. Aber erstens ließ er in seiner liebenswerten Art eigentlich keine Widerrede zu und zweitens hat er mir sehr schnell klargemacht, dass er keine Wunderdinge von mir erwartet. Er sagte, ich solle einfach so sein wie ich bin, weil ich mit meinem Werdegang im Fußball genau das vermittele, was er sucht.

Bereitet es Ihnen Probleme, gestern noch beim 1. FFC Frankfurt gekickt zu haben und nun in gewisser Weise überparteilich für alle deutschen Frauenfußballerinnen sprechen zu müssen?

Nein. Ich habe während meiner Karriere schon immer gute Kontakte gepflegt und komme eigentlich mit allen gut aus. Es haben mir auch bisher viele gesagt, dass ich die richtige Wahl sei. Ich will jetzt für die WM ganz bewusst auch alle Akteure von den Landesverbänden bis hin zu den Bundesligavereinen mit ins Boot holen, damit möglichst viele von der WM profitieren. Nur dann haben wir eine Chance auf eine nachhaltige Wirkung auf die Entwicklung des Frauenfußballs.

Das klingt alles ganz schön nett.

Keine Sorge, ich will nicht Everybody’s Darling sein. Ich werde sicher auch mal Konflikte austragen, wenn sie der Sache dienlich sind.

Das Gespräch führte Daniel Meuren.

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