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Sport: „Ich bin wichtig“

Rafael van der Vaart über Elfmeter, seine Verletzung und seine Rolle in Hollands Nationalmannschaft

Herr van der Vaart, die holländische Nationalmannschaft trainiert Elfmeter, die deutsche Mannschaft, die für ihre Akribie bekannt ist, tut das nicht. Ist das nicht ein bisschen verkehrte Welt?

Vielleicht auch nicht. Wir müssen Elfmeter trainieren. Die Deutschen können es wahrscheinlich.

Wahrscheinlich?

Das wird sich zeigen. Ich finde es gut, dass wir zwei- oder dreimal in der Woche Elfmeter üben. Obwohl ich bisher nur einmal mitmachen konnte.

Viele Fußballer sagen: Elfmeter kann man nicht trainieren.

Natürlich musst du auch Glück haben. Du kannst einen schlechten Elfmeter schießen – wenn der Torhüter in die falsche Ecke fliegt, geht er trotzdem rein. Aber einen richtig guten Elfmeter zu schießen ist eine Kunst. Wir haben einige Spieler im Kader, die diese Kunst beherrschen.

Zählen Sie auch dazu?

Ich kann das auch. Ich versuche jeden Ball mit viel Risiko so weit wie möglich in eine Ecke zu schießen. Dann hat der Torhüter kaum eine Chance. Wenn der Ball dann aber am Pfosten vorbeifliegt, siehst du natürlich ein bisschen blöd aus.

Schießen Sie immer in dieselbe Ecke?

Das verrate ich Ihnen doch nicht! Aber eigentlich variiere ich sehr stark. Wenn du dir den Ball nimmst und auf dem Weg zum Punkt sagst, da will ich ihn hinhaben, wirst du wahrscheinlich verschießen.

Sind Elfmeter auch für Ihre Generation eigentlich noch ein Trauma?

Für mich nicht. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass hier ein paar Spieler sind, für die das ein Trauma ist.

Sie konnten bisher wegen Ihrer Verletzung nur eingeschränkt trainieren. Bereitet Ihnen der Fuß noch Probleme?

Es wird immer besser. Ich tue alles, um so schnell wie möglich fit zu werden und den Trainer davon zu überzeugen, dass ich in die Stammelf gehöre. Am Freitag habe ich mit dem Laufen begonnen, heute bin ich ins Mannschaftstraining eingestiegen. Ich bin wirklich erleichtert und hoffe, dass jetzt nichts mehr passiert.

Was ist das Problem?

Ich bin kein Doktor, ich will auch gar nicht im Detail wissen, woran es liegt. Die Mediziner sagen, dass am Knöchel selbst alles wieder in Ordnung ist. Das Problem steckt wahrscheinlich im Kopf. Ich bin gerade erst operiert worden, hatte viele Probleme. Wenn du dann den Ball auf die Stelle bekommt, schmerzt es wieder, und du glaubst: Es geht nicht. Aber jetzt hoffe ich, dass ich schon gegen Serbien-Montenegro spielen kann. Ich bin zwar noch nicht bei hundert Prozent, aber es wird von Tag zu Tag besser.

Marco van Basten hat immer wieder gesagt, dass er auf Sie zählt.

Das tut gut. So etwas brauchst du in dieser Phase. Gerade weil ich in der Vorbereitung den Bondscoach nicht von meinen Fähigkeiten überzeugen konnte. Ich weiß, dass ich ein wichtiger Spieler bin, das hat auch jeder gesehen. Aber wenn ich nicht fit bin, hat es keinen Sinn.

Vor zwei Jahren bei der Europameisterschaft unter Dick Advocaat hatten Sie diese Rückendeckung noch nicht.

Ich bin nicht der Typ, der zurückschaut. Vor der EM in Portugal hatte ich keine besonders gute Saison gespielt. Da stand ich nicht nur beim Trainer, sondern auch in der Öffentlichkeit zur Diskussion. Damals hat kaum jemand gesagt: Van der Vaart muss mit und muss spielen. Jetzt fühle ich mich wirklich viel besser.

Hängt das auch damit zusammen, dass Sie nach Deutschland, zum Hamburger SV, gewechselt sind?

Der deutsche Fußball ist sehr hart und sehr physisch. Wenn du in Deutschland spielst, wirst du fast automatisch körperlich stärker. Ich bin eher ein technischer Fußballer, ich habe das gebraucht.

Die Deutschen laufen viel und gerne.

Oh Gott, ja, an die Vorbereitung vor der Saison will ich gar nicht mehr denken. Trotzdem war es für meine Entwicklung sehr wichtig, dass ich ins Ausland gegangen bin. Ich hatte das Gefühl, dass ich in den Niederlanden an einem Endpunkt angelangt war. Ich brauchte eine neue Herausforderung. Thomas Doll …

… Ihr Trainer beim HSV …

… hat mir vom ersten Tag an sehr viel Vertrauen entgegengebracht. Wenn du dann immer spielst, immer auf deiner Lieblingsposition, wenn du merkst, dass du für die Mannschaft wichtig bist, war das wahrscheinlich eine der besten Entscheidungen, die ich treffen konnte. Auch wenn sich das im Nachhinein leicht sagen lässt.

Herr van der Vaart, haben Sie einen Lieblingswitz?

Nein.

Marco van Basten hat bei der holländischen Nationalmannschaft das Witzeerzählen vor dem gesamten Kader als Strafmaßnahme eingeführt. Ist das nicht ein schlechtes Zeichen?

Wieso?

Weil es bedeutet, dass in der Mannschaft freiwillig keine Witze erzählt werden.

Man muss dieses Thema nicht überstrapazieren. Erstens gibt es auch bei uns Spieler, die Witze erzählen. Und zweitens tut eine Geldstrafe auch niemandem weh, bei dem, was wir verdienen. Ich finde das eigentlich eine gute Idee. Du musst vor der ganzen Mannschaft stehen und sprechen. Das ist wirklich nicht einfach. Ich kann zwar gut reden, aber Witzeerzählen ist doch was anderes. Ich vergesse Witze immer. Oft denke ich: Oh, der ist gut, den musst du dir merken. Aber …

Was würden Sie denn machen, wenn Sie einen Witz erzählen müssen?

Keine Ahnung. Wahrscheinlich im Internet suchen.

Das Gespräch führte Stefan Hermanns.

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