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Sport: „Ich habe nicht zu viel gefeiert“

Jarno Trulli über seine Chancen in Indianapolis, den ersten Formel-1-Sieg – und seine schwache Stimme

RenaultPilot Jarno Trulli (29) ist immer noch der Einzige außer Michael Schumacher, der in dieser Saison ein Formel-1- Rennen gewinnen konnte. Und das ausgerechnet beim prestigeträchtigen Grand Prix von Monaco. Auch letzte Woche in Montreal hatte sich der Italiener gute Chancen ausgerechnet, dann warf ihn am Start ein Antriebswellendefekt aus dem Rennen – sein erster Ausfall des Jahres. Dafür wollte sich Trulli jetzt in Indianapolis schadlos halten. Doch beim Qualifying (siehe Artikel links) hatte sein Renault einen Getriebschaden und Trulli damit keine Qualifikationszeit. Er muss nun von ganz hinten starten.

* * *

Herr Trulli, Sie haben Ihr Qualifying völlig verpatzt. Wie groß schätzen Sie jetzt noch Ihre Siegchancen noch ein?

Das ganz schwer zu sagen. Im vergangenen Jahr lag uns die Strecke besser als von vielen erwartet, diesmal sind wir optimistischer hergekommen. Nur, jetzt passierte dieser Schaden. Aber man weiß nie, was sich in einem Rennen ergibt.

Wie ist Schumacher denn zu schlagen?

Er und das Ferrari-Team sind schon sehr, sehr stark. Also muss bei einem selbst auch alles passen: Das Auto, die Reifen, die Strategie, man darf sich selbst nicht den kleinsten Fehler erlauben. Es ist sehr schwierig, aber generell es ist möglich.

Im Monaco haben Sie es geschafft. Was hat sich nach diesem Erfolg für Sie verändert, reagiert Ihre Umgebung anders?

Kaum. Ich finde, es hat sich eigentlich nicht wirklich groß etwas verändert. Ich habe höchstens noch ein bisschen mehr Selbstvertrauen bekommen.

Es macht den Eindruck, dass Sie in diesem Jahr mental stärker sind. Früher wurden Sie ja öfter dafür kritisiert, zwar sehr schnell, aber gerade im Rennen nicht konstant zu sein. Hat sich in Ihrer Einstellung und psychologischen Vorbereitung etwas verändert?

Nein, das ist auch immer eine Frage der Umstände, die waren in der Vergangenheit oft schwierig, ich hatte sehr selten ein wirklich gutes Auto, und dann ist das halt sehr negativ rübergekommen. Jetzt ist das alles besser, und dann sieht man auch selbst besser aus.

Sie benötigten 118 Rennen bis zum ersten Sieg – haben Sie manchmal Zweifel gehabt, dass Sie es wirklich bis ganz an die Spitze schaffen könnten?

Zweifel daran, ob es jemals klappen würde, ein Rennen zu gewinnen, schon, Zweifel an mir selbst nicht. Ich glaube, das Gute an mir ist, dass ich nie aufgebe, und jetzt kommen allmählich die Ergebnisse. Es ist zu einfach zu sagen, ich selbst hätte mich verändert, das ist einfach nicht der Punkt.

Dieses Selbstvertrauen, diesen Glauben an sich selbst, halten Sie das für Ihre größte Stärke?

Ja, auf jeden Fall.

Wo sehen Sie Dinge, die Sie noch verbessern kann?

Es gibt immer Bereiche, in denen man sich noch verbessern kann. Wenn man glaubt, man könne nichts mehr dazulernen, ist man entweder sehr arrogant oder man sollte aufhören.

In der Zusammenarbeit mit Renault, welche Ihrer Qualitäten war da besonders gefragt, um den ersten Sieg zu erreichen – der schnelle Fahrer, der Techniker oder der Motivator?

Man braucht alles, nicht nur beim Fahrer, auch beim Team und den Ingenieuren. Erfolg in der Formel 1 ist ein Gesamtpaket, das man aufbauen muss. Dann kommen auch die Resultate. Ich habe in der Vergangenheit sehr hart gearbeitet, um dahin zu kommen, wo ich heute bin.

Wie wichtig ist Ihr bekannt gutes Verhältnis zu ihrem Teamkollegen Fernando Alonso für den Gesamterfolg?

Ich glaube, sehr, sehr wichtig – für mich persönlich und für das Team. Es herrscht einfach eine sehr gute Atmosphäre, da arbeitet man umso besser.

Wie kommt es eigentlich, dass Sie sich so gut verstehen? Das ist unter Teamkollegen in der Formel 1 selten.

Ich glaube, wir sind beide sehr, sehr starke Fahrer und müssen das Beste aus uns herausholen. Deshalb suchen wir beide das Limit, weil wir wissen, dass wir es können.

Und aus dieser Selbstsicherheit haben sie es nicht nötig, sich auch neben der Strecke zu bekämpfen?

Genau.

Ganz am Anfang waren Sie ein bisschen wie ein väterlicher Lehrer für Fernando Alonso. Hat sich das inzwischen so verändert, dass Sie gegenseitig voneinander lernen?

Er lernt natürlich von mir (blickt kurz nach oben und grinst). Aber wie gesagt, auch für mich gibt es immer was zu lernen, sogar von Fernando.

Sie haben ja offensichtlich noch immer große Probleme mit Ihrer Stimme. Was ist da eigentlich los?

Ich weiß es wirklich nicht. Alle sagen, das sei so gekommen, weil ich nach Monaco zu viel gefeiert hätte. Aber das ist Quatsch, das kann gar nicht sein, denn ich habe seitdem überhaupt noch nicht wirklich gefeiert – keine Zeit! Möglicherweise eine Stimmbandreizung. Es wird jedenfalls nur ganz langsam besser, und wenn ich zu viel rede, dann geht immer sehr bald gar nichts mehr. Deshalb halte ich jetzt lieber den Mund.

Das Gespräch führte Karin Sturm.

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