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Sport: Im Schatten der Vergangenheit

Bayerns Coach Magath trifft im DFB-Pokal auf seinen früheren Klub VfB Stuttgart

Am Dienstagmorgen blieb der erste Schnee liegen in München, was manche Bewohner der bayerischen Landeshauptstadt schwer bedauern, weil es das lang bekämpfte Ende der Biergartensaison besiegelt hat. Im Stadtteil Harlaching an der Säbener Straße weiß man jedoch die Vorzüge des Winters zu schätzen. In der Vergangenheit legten die Bayern darin häufig den Grundstein zu diversen Titeln. Als Ottmar Hitzfeld der „Sportbild“ vor kurzem davon berichtete, man habe sich zu seiner Zeit beim FC Bayern „zu Tode gesiegt“, dachte er vermutlich an jene Endjahresrallyes, die den Bayern so oft ein beruhigendes Weihnachtsfest bescherten.

Von vergleichbarer Konstanz sind die Bayern der noch jungen Felix-Magath- Ära weit entfernt, bislang war sie nur in den beharrlichen Beschwörungen zu finden, man werde nun eine Serie starten. Auch vor dem brisanten DFB-Pokal-Achtelfinale gegen den VfB Stuttgart heute Abend (20.30 Uhr, live im ZDF) waren solche Töne von den Münchnern zu vernehmen – ungeachtet der trüben Wirklichkeit, in der die längste Siegesserie gerade zwei Spiele umfasst hat. Jedesmal, wenn es so aussah, als könnten die Bayern ihrer eigenen Launenhaftigkeit Herr werden, folgte zuletzt mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Rückschlag.

Die Leistungskurve der Bayern in der Saison 2004/05 sieht aus, als folge sie den Bewegungen eines Jojos: mal hoch, und dann gleich wieder runter. „Wir müssen endlich Konstanz in unsere Leistungen bringen“, fleht Kapitän Oliver Kahn seit Wochen ungehört. Sollte sich daran gegen den VfB nichts ändern, könnte es erstmals richtig ungemütlich werden für Felix Magath. Der Abschied von Titeln wird in München sehr widerwillig zur Kenntnis genommen, die K.-o.-Partie ist folglich das erste Endspiel der Saison – und darüber hinaus ein Sammelsurium interessanter Individualduelle.

Es geht um viel: Ließe sich der Saisonstart bislang so eben noch als Gewöhnung an den neuen Trainer entschuldigen, wäre dies bei einem Ausscheiden sicher nicht mehr der Fall. Ein Weiterkommen dagegen wäre für Felix Magath auch so etwas wie die Emanzipation von der eigenen Vergangenheit. Bislang steht er mit seinen Bayern eindeutig im Schatten seines ehemaligen Arbeitgebers samt Nachfolger Matthias Sammer.

Neben dem Duell der Trainer rückt das der Torhüter in den Mittelpunkt. Nachdem die T-Frage in der Nationalelf zuletzt Ausmaße einer bedeutenden vaterländischen Debatte angenommen hatte, steht nun Oliver Kahn dem möglichen lachenden Dritten Timo Hildebrand gegenüber. „Ich würde Oliver Kahn empfehlen, das Ganze lockerer zu sehen“, hat Magath gesagt, was zwar ein gut gemeinter Rat war, aber kaum zu beherzigen für jemand, der selbst beim Kaugummikauen wirkt, als ginge es dabei um Sieg und Niederlage.

Magath selbst dagegen lässt sich die Gelassenheit nicht nehmen, zumindest wirkt es so. „Ich hätte dem VfB gegönnt, dass er das Finale erreicht“, sagt der Trainer, der das mit den Bayern zu verhindern gedenkt. Die Rache seiner einstigen Spieler („Natürlich wird der eine oder andere VfB-Spieler sagen: ,Jetzt zeige ich es ihm!’“) bereitet ihm offenbar keine Sorgen. Zuversicht lässt sich aus Münchner Sicht aus der Heimbilanz im DFB-Pokal ziehen. Die letzte Niederlage entstammt den Wirren der historisch schlechten Saison 1991/92, als der Rekordmeister dem FC Homburg unterlag. Einer, der zu jener traurigen Münchner Equipe gehörte, war der junge Markus Babbel. Am Mittwoch kehrt der ehemalige Nationalspieler, inzwischen in Diensten des VfB, erstmals an seine ehemalige Arbeitsstätte zurück – vorausgesetzt, seine Fußprellung lässt einen Einsatz zu. Neben einem Stück Vergangenheit bringt der VfB auch etwas Zukunft des FC Bayern mit nach München. Mit großem Interesse werden die Gastgeber den Auftritt von Philipp Lahm begutachten, der in der nächsten Saison zu den Bayern zurückkehrt.

Als direkter Gegenspieler könnte Lahm sein Nationalmannschaftsgefährte Sebastian Deisler begegnen. Während Magath neben Andreas Görlitz (Kreuzbandriss) und Roque Santa Cruz (Kniebeschwerden) weiterhin auf Zé Roberto (Gehirnerschütterung) verzichten muss, steht Deisler eventuell wieder im Kader. „Das ist möglich“, sagte Magath, „er ist gut drauf, fühlt sich gut und macht einen guten Eindruck.“ Eine Nachricht wie ein Sonnenstrahl, mitten im November.

Daniel Pontzen[München]

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