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Alles weggesteckt. Nach schwachen Leistungen bei Olympia in London wechselt Britta Steffen nun ihren Trainer und zieht zu ihrem Freund Paul Biedermann nach Halle. Foto: dpa

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Sport: Im Wasser ist alles klar

Britta Steffen gelingen in Berlin zwei Weltcup-Siege. Die Schwimmerin fühlt sich nach Enttäuschungen und Querelen befreit.

Berlin - Eigentlich, da ist Britta Steffen ganz ehrlich, ist das nur besserer Breitensport, was sie zwischen ihren Wettkämpfen veranstaltet. Training? „Nein, was ich mache, nennt sich Schwimmen, aber nicht Training.“ Auf ihr übliches Pensum kommt sie selten, sie hat einfach keine Zeit. Sie hetzt von einem Kurzbahn-Weltcup zum nächsten, Berlin an diesem Wochenende ist der fünfte Zwischenstopp, acht Weltcup-Orte sind es insgesamt.

Für jemanden, der im Training offenbar nur mit Mühe rüstigen Rentnern davonschwimmen würde, ist die 28-Jährige allerdings verdammt erfolgreich. Acht Siege in fünf Stationen feierte Steffen bisher, am Samstag gewann sie in Berlin auch die 50 Meter Freistil, gestern war sie auch über 100 Meter Freistil nicht zu schlagen. „Es macht Spaß“, sagt Steffen. „Man kommt in einen Rhythmus.“ Das sieht sie als einen der Gründe für diese Ergebnisse.

Im Studium ist sie jetzt so weit, dass sie in der Kurzbahnsaison zum ersten Mal Zeit hat, den gesamten Weltcup mitzuschwimmen. „Noch nie habe ich so viele Wettkämpfe hintereinander absolviert“, sagt sie. „Ich habe keine Abgabetermine, ich kann mich auf Sport konzentrieren. So fühlt sich Leistungssport an.“ Dann sagt sie noch einen Satz. Sie bezieht ihn auf ihre derzeitige Situation im Studium, aber er könnte auch für ihre derzeitige Gesamtsituation stehen. „Ich fühle mich befreit.“

Nach dem Druck vor den Olympischen Spielen, nach den sportlichen Enttäuschungen in London, hat sie jetzt eine neue Orientierung. Mehr Klarheit. So sagt sie es. Sie hat sich endgültig entschieden, weiterzumachen, sie fokussiert sich auf die 50 Meter Freistil, sie hat sich entschieden, nach Halle an der Saale zu gehen: zu ihrem Freund Paul Biedermann, aber auch zu einem neuen Trainer, zu Biedermanns Coach Frank Embacher.

Natürlich ging das Ganze nicht ohne Verwirrungen und Kapriolen ab. Die abrupte Abkehr von ihrem langjährigen Trainer Norbert Warnatzsch lief, dafür gibt es Hinweise, nicht so reibungslos und frei von Enttäuschungen ab, wie Steffen es gerne darstellt. Allerdings sind ihre Gründe für den Wechsel durchaus stichhaltig. „Die Beziehung zu Paul ist mir wichtig, ich habe ihn teilweise vier Wochen nicht gesehen“, sagt sie. Außerdem bricht die Topgruppe in Berlin gerade auseinander. Tim Wallburger geht zu Dirk Lange nach Graz, Dorothea Brandt ist nach Essen gewechselt, Benjamin Starke hört aus Verletzungsgründen möglicherweise auf. Derzeit hat der Bundesstützpunkt Berlin keinen einzigen A-Kaderathleten.

Und dann ist da ja auch der rein sportliche Aspekt. Bei der WM 2011 und Olympia 2012 war Britta Steffen nicht in Optimalform. Warnatzsch hatte sie 2008 zu zwei Olympiasiegen geführt, aber vermutlich will sie jetzt einfach auch neue Reize setzen. Britta Steffen, die extrem Ehrgeizige, schwimmt ja nicht, um bloß irgendwo im Mittelfeld anzuschlagen. „Ich will schon zeigen, dass ich über 50 Meter Freistil noch mithalten kann“, sagt sie. „Und ich möchte über 100 Meter noch so schnell schwimmen, dass ich die Staffel verstärken kann.“ Und weil die 100 Meter Freistil bei Höhepunkten eine gute Teststrecke für die 50 Meter Freistil darstellen, wird sie auf jeden Fall die 100 Meter im Programm halten.

Und ganz hart fällt der Schnitt sowieso nicht aus, sagt jedenfalls Steffen. Embacher und Warnatzsch würden ein Stück weit „zusammenarbeiten“. Embacher sagt, Warnatzsch habe ihm alle Unterlagen zu Steffens Training überlassen. Warnatzsch hatte den Kollegen auch angerufen, als Britta Steffen noch gar nicht bei Biedermanns Trainer angeklopft hatte. Warnatzsch kündigte den baldigen Besuch von Steffen an. Und in Halle an der Saale, sagt Steffen, „habe ich hervorragende Bedingungen“. Paul Biedermann ist auf der Suche nach der passenden Unterkunft für das Paar. Seine Freundin lässt ihm da freie Hand. „Ich habe mein Haus selber eingerichtet, da kann er bei der Wohnung frei schalten.“

Ob sie in Zukunft auch für den SV Halle starten wird, ist noch nicht abschließend geklärt. Nur ein Punkt steht unverrückbar fest: „Ich werde mein Leben lang Mitglied der SG Neukölln bleiben.“

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