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Ohne Worte. Nicht nur HSV-Kapitän Rafael van der Vaart war nach der Heimniederlage gegen den Rivalen sprachlos. Foto: firo

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Sport: In Krise und Keller

Der Hamburger SV verliert das Nordderby gegen Werder Bremen 0:2 und rutscht auf einen Abstiegsplatz.

Wer Symbolik mag, kam am Ende voll auf seine Kosten. René Adler, normalerweise keine Symbolfigur des Hamburger Niedergangs, tauchte in der vierten Minute der Nachspielzeit vor dem Bremer Tor auf. Von irgendwem, irgendwie, sollte noch der Ausgleich her nach Nils Petersens 1:0-Führung aus der 32. Minute. Aber der Nationaltorwart verfehlte den Ball, rannte zurück, wehrte einen Schussversuch der Bremer etwa 40 Meter vor dem Tor unglücklich ab – genau in die Füße Mehmet Ekicis. Der blieb kühl und legte für Petersen auf. Werders bester Stürmer hob den Ball gekonnt aus 30 Metern ins Tor. Adler sackte auf dem Rasen zusammen. Schon beim 2:6 in Dortmund hatte er sich ein paar Fehler erlaubt. Nun stand er für den K.-o.-Schlag, den die tapfer kämpfenden Hamburger einstecken mussten. Werder jubelte noch lange mit den eigenen Fans über diesen 2:0 (1:0)- Erfolg. Die Hamburger hingegen, die auf den Relegationsplatz zurückfielen, wurden von ihren Anhängern mit Pfiffen in die Kabine geschickt.

Dieses wirre Ende eines umkämpften, aber lange wenig prickelnden Spiels illustriert die Lage beim HSV bestens. Zwischentrainer Rodolfo Cardoso wird seinen Platz bald räumen; womöglich darf er noch am Dienstag im DFB-Pokal gegen den Zweitligaspitzenreiter Greuther Fürth auf der Bank sitzen. Danach wird ein neuer Mann übernehmen. „Wir müssen das Gute aus dem Spiel mitnehmen. Die zweite Halbzeit war nicht so schlecht“, sagte Cardoso.

Viele Gerüchte, große Unruhe – in der Woche war fast untergegangen, dass an ihrem Ende auch noch Fußball gespielt werden sollte. Es ging um die mögliche Umstrukturierung des Klubs, angetrieben durch die vom ehemaligen Chefkontrolleur Ernst-Otto Rieckhoff ins Leben gerufene Reformbewegung namens HSVplus und den in Aussicht gestellten Millionen des Hamburger Milliardärs Klaus-Michael Kühne. Zum anderen natürlich um die Suche nach einem neuen Trainer. Einen erfahrenen, deutschsprachigen Coach sucht Klub-Vorstand Carl-Edgar Jarchow – und schnell waren Namen im Umlauf. Am Samstag kristallisierte sich heraus, dass weder Thomas Schaaf noch Lothar Matthäus, der Favorit des Hamburger Sportchefs Oliver Kreuzer, sondern Bert van Marwijk aussichtsreichster Kandidat auf die Nachfolge Thorsten Finks ist. Der ehemalige Dortmunder Trainer und niederländische Nationalcoach gilt nun als Wunschlösung – allerdings meldete „Sport Bild online“ am Samstag, dass Kreuzer auch den einstigen Stuttgarter Coach Christian Groß kontaktieren wolle. Es bleibt also viel Raum für Spekulationen.

Einen Anruf bei Kühnes Favoritenduo Felix Magath als Berater und Bernd Hollerbach als Trainer haben sich Jarchow und Kreuzer verständlicherweise verkniffen. Käme Magath, wäre für beide kein Platz mehr im operativen Geschäft des HSV. Ohne Magath will Kühne seine Millionen aber nicht freigeben. Eine verfahrene Situation für den Klub, der nichts sehnlicher wünscht als Ruhe. Allerdings wird der Druck auf Jarchow und Kreuzer nach der vierten Saisonniederlage zunehmen, und Kühne dürfte sein Angebot weiter medial befeuern. Argumente hat der 76 Jahre alte Milliardär und leidenschaftliche HSV-Fan nun mehr als genug. Aber die hatte er vor dem 0:2 auch schon. Es bleibt spannend beim HSV.

Für Robin Dutt auf der anderen Seite war dieses 99. Derby sein erster großer Feiertag als Trainer der Bremer. Ihm war die Freude über den dritten Saisonsieg deutlich anzusehen. „Wir haben das Feld groß gemacht und gut gespielt. Viele Abläufe, die im Training klappen, haben auch heute gepasst“, sagte Dutt. „Die Jungs waren gallig und gierig und hatten die notwendige Mentalität, als der HSV in der zweiten Halbzeit aufkam. Ich freue mich total.“ Werder steuert also auf eine ruhige Woche bis zum Sonntagspiel gegen den 1. FC Nürnberg zu – beim Hamburger SV sieht das mit den Aufgaben Fürth und Frankfurt völlig anders aus.

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