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Sport: In Scherze umgemünzt

Wie Angela Merkel und Franz Beckenbauer demonstrativ WM-Laune verbreiten

Berlin - Direkt neben dem Schachspiel, das Helmut Kohl von Nelson Mandela bekommen hat und das nun in einer Vitrine auf den ersten Zug wartet, hat Angela Merkel drei Stellwände errichten lassen. Auf ihnen sind Münzen zu sehen, Briefmarken, der Bundesadler. Im Kanzleramt zieht gedämpftes Getuschel um die Ecken. Es geht heute um Vorfreude.

Angela Merkel schreitet eine Formation älterer Männer ab, es sind Sportfunktionäre. Wolfgang Niersbach, Vizechef des WM-Organisationskomitees, reicht ihr die Hand und sagt: „Ich grüße Sie!“

Offiziell werden Briefmarken vorgestellt. Sie sollen verkauft werden zugunsten der Sporthilfe, die Athleten unterstützt. Auf den Marken sind erleuchtete Stadien zu sehen, in die Höhe gereckte Pokale, geschwenkte Deutschlandfahnen – wie eben Vorfreude aussieht, für die die Regierung verantwortlich ist. „Die Briefmarken gefallen mir außerordentlich“, sagt Merkel. Es gibt höflichen Applaus, sogar von einer Putzfrau, die von einer Balustrade herab das Treiben verfolgt.

Dann stellt Finanzminister Peer Steinbrück eine Silbermünze vor, mit der das WM-Kulturprogramm finanziert wird. Merkel gönnt es sich derweil, etwas mit Franz Beckenbauer zu scherzen. Denn Vorfreude hat einen Vornamen: Franz.

„Vor ein paar Jahren waren wir schon mal hier“, erzählt Beckenbauer, „da gab es eine andere Besetzung.“ Dann fragt er, ob die Stiftung Warentest die Briefmarken getestet habe. „Wurde geprüft, ob die Marke zungenfest ist?“, fragt der WM-Präsident, und sein Gefolge klatscht vor Freude in die Hände. Den Sicherheitstest der Stadien durch die Stiftung haben die WM-Macher nicht verwunden.

Vorfreude ist nicht leicht zu organisieren. Der Fußball-Weltverband Fifa hat die WM-Eröffnungsgala abgesagt, viele Fans bekommen keine Tickets. Und angesichts des Karikaturenstreits gibt es neue Sorgen um die Sicherheit. Günther Beckstein, CSU, Beinahe-Bundesinnenminister, hat vorgeschlagen, die iranische Fußball-Delegation zu überprüfen. Sogleich muss Wolfgang Schäuble, CDU, Bundesinnenminister, vor „Hysterie“ warnen.

Die Spitzenpolitiker haben längst gelernt, Kritik in gelassene Scherze umzumünzen. Als Steinbrück seinem Kollegen Schäuble eine Silbermünze überreicht, sagt er: „Hier hast du die ersten zehn Euro aus den Haushaltsverhandlungen.“ Da darf gelacht werden. Zum Abschied schüttelt Angela Merkel wieder Männerhände. Eine Stunde offizielle Vorfreude ist absolviert.

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